Laut Befragung trifft die Coranonakrise die Medizintechnik-Industrie - jenseits von Beatmungsgeräten und Intensivbetten - spürbar. Für zwei Drittel der befragten Medizintechnik-Unternehmen hat sich die aktuelle Geschäftslage als verschlechtert. Eine deutlich geringere Nachfrage nach medizintechnischen Produkten verzeichnen 61 Prozent. Auch in den Lieferketten macht sich die Pandemie bemerkbar: Über logistische Engpässe klagen 47 Prozent, 42 Prozent über fehlende Zuliefererprodukte.
„Auch wenn die mediale Diskussion häufig einen anderen Eindruck vermittelt, bleibt die Medizintechnikindustrie von den wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise keineswegs verschont. Das Umfrageergebnis unterstreicht die Verunsicherung insbesondere der kleinen und mittelständischen Unternehmen, die Produkte herstellen, die nicht unmittelbar zur Bekämpfung der Pandemie benötigt werden. In dieser Situation muss klar sein: Je später die Unternehmen ihre wirtschaftlichen Aktivitäten in gewohnter Weise aufnehmen können und je länger die Liefer- und Nachfragebeziehungen gestört sind, desto stärker sind viele von ihnen ernsthaft bedroht“, betont Dr. Martin Leohnhard, Vorsitzender der Medizintechnik bei Spectaris.
Laut Umfrage könnte eine längere, durch Corona bedingte Abschwächung der Auftragslage trotz eines überwiegend positiven Jahresbeginns zu deutlichen Umsatzeinbrüchen im Gesamtjahr führen. Bei einem Hochfahren der Wirtschaft ab Juni rechnen die Unternehmen im Jahresvergleich 2020/2019 mit einem Einbruch des Gesamtumsatzes von durchschnittlich 18 Prozent. Im schlechteren Fall, einem Lockdown bis August, wird sogar ein Minus von 28 Prozent für möglich gehalten. Je nach Produktportfolio und Größe der Unternehmen können diese Werte jedoch abweichen oder in Einzelfällen sogar besser ausfallen. Hoffnung macht außerdem, dass auch wenn in den kommenden Monaten nicht von einer gänzlichen Rückkehr zur geschäftlichen Normalität auszugehen ist, ein kompletter globaler Stillstand eher unwahrscheinlich ist. So berichten Firmen etwa von zunehmenden Anfragen aus China. Etwas Abhilfe bei der aktuellen Situation verschaffen die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen. So wird insbesondere dem Kurzarbeitergeld mit 61 Prozent eine hohe Relevanz beigemessen, gefolgt von Steuerstundungen mit 54 Prozent.
Ausblick
„Diese Instrumente des Bundes sind vor allem für kleinere Unternemen kurz- und mittelfristig sehr wichtig, die akute Phase der Krise zu überstehen“, bilanzieren die MedicalMountains-Geschäftsführerinnen Yvonne Glienke und Julia Steckeler. „Ebenso wichtig ist es aber, jetzt schon den Blick auf die Zeit danach zu richten.“ Um den Standort Deutschland nach der Krise wieder zu stärken, fordern die Befragten vor allem politische Schritte auf internationalem Parkett: Vor dem Hintergrund einer Exportquote von zuletzt rund 65 Prozent wird ein gestärker Freihandel mit 81 Prozent als wichtig oder sehr wichtig angesehen. Einer stärkeren wirtschaftspolitischen Koordinierung auf EU-Ebene wird eine Relevanz von 74 Prozent beigemessen. Die Umfrage atmet auch den Innovationsdrang der Branche: Die Förderung von Forschung und Entwicklung wird mit 64 Prozent Wichtigkeit eingestuft, weitere innovationsfördernde Maßnahmen mit 72 Prozent. „Diese Rückmeldungen sind ein klarer Appell an Berlin und Brüssel, dass Förderprogramme fortgeführt und weitere neu aufgelegt werden müssen“, so Yvonne Glienke und Julia Steckeler. „Gerade kleine und mittlere Unternehmen sind jetzt mehr denn je auf diese Unterstützung angewiesen.“