Halbleitertechnologien für Elektrofahrzeug-Ladestationen

Autor: Jayanth Rangaraju, Texas Instruments

Eigentlich ist jeder vom Konzept des Elektrofahrzeugs angetan: es ist leise, erzeugt keine schädlichen Abgase und überzeugt durch hervorragende Leistungsfähigkeit. Dass sich diese Fahrzeuge dennoch nicht auf breiter Front durchsetzen konnten, liegt an ihrem hohen Preisniveau und an ihren technischen Einschränkungen.

Eine praktikable Lösung war das Hybridfahrzeug, in dem der Elektromotor durch einen kleinen Verbrennungsmotor ergänzt wird. Dennoch wird das rein elektrisch angetriebene Fahrzeug an Attraktivität gewinnen, sobald es zweckmäßiger werden kann. Ganz langsam etablieren sich Elektrofahrzeuge als realistische Alternative zu konventionellen Autos mit Verbrennungsmotor. Neue Batterietechnologie macht Elektrofahrzeuge praktikabler, doch der wahre Schlüssel zu ihrem ultimativen Erfolg ist das Ladesystem. Das vorliegende Whitepaper widmet sich deshalb den Ladesystemen für Elektrofahrzeuge und ihrem Design.

Der historische Hintergrund

Die ersten Elektrofahrzeuge erschienen im 19. Jahrhundert. Viele Hersteller boten Elektroautos an, deren Attraktivität aus ihrer geringen Lärmentwicklung resultierte. Allerdings verfügten seinerzeit nur wenige Anwender zu Hause über die notwendige Elektrizität zum Laden der Batterien, und darüber hinaus waren der Aktionsradius und die Geschwindigkeit begrenzt. Ungefähr zeitgleich erschienen praxisgerechte Verbrennungsmotoren und das Benzin wurde billig, sodass es die Elektrofahrzeuge mit einer beträchtlichen Konkurrenz zu tun hatten. Obwohl sie laut waren und umständlich angekurbelt werden mussten, verkauften sich die Autos mit Verbrennungsmotor besser als ihre elektrischen Pendants. Der Verkaufsstart des höchst erschwinglichen Ford T zu Beginn des 20. Jahrhunderts ließ die Elektrofahrzeuge zunächst einmal scheitern.

Über die Jahre kam immer wieder ein kurzzeitiges Interesse an Elektrofahrzeugen auf. Als zu Beginn der 1970er Jahre die Ölpreise stiegen und es zu Benzinknappheit kam, gab es Versuche zur Wiedereinführung der Elektrofahrzeuge. In den frühen 1990er Jahren führten das wachsende Interesse am Klimawandel, Luftreinhaltungs-Initiativen und Abgasvorschriften dazu, dass die Forschung an Elektrofahrzeugen intensiviert wurde. Ungefähr zu dieser Zeit entwickelte GM das EV1, das dann allerdings wegen mangelnden Interesses nicht weiterverfolgt wurde. Als nächstes erschienen Anfang der 2000er Jahre die Hybridfahrzeuge, unter ihnen der Toyota Prius. Die Verbreitung der Elektrofahrzeuge stieg nur mit der Verbesserung der Batterietechnologie.

Die Batterie als Herausforderung

In den allerersten Elektrofahrzeugen sowie auch in einigen Prototypen von Elektro- und Hybridfahrzeugen kamen die kostengünstigen und allgemein verfügbaren Blei-Säure-Batterien zum Einsatz, wobei man aber aus Größen- und Gewichtsgründen schnell an Grenzen stieß. Weil der Energiegehalt von Blei-Säure-Batterien umgerechnet auf das Gewicht und das Volumen gering ist (Batterien werden nach ihrer Energiedichte, angegö Als ein glücklicher Umstand ist die Verfügbarkeit von Halbleiter-Referenzdesigns zu bewerten, die den Herstellern bei der Entwicklung von Ladestationen helfen, mit denen der Ladevorgang gegenüber früher deutlich verkürzt werden kann.



 

Ladesysteme im Überblick

Ladestationen für Elektrofahrzeuge werden auch als EVSE (Electric Vehicle Supply Equipment) bezeichnet. Wie Bild 1 zeigt, unterscheidet man zwischen drei Arten von EVSE. Die Levels 1 und 2 nach Definition des SAE-Standards (Society of Automotive Engineers) liefern elektrische Energie an ein fahrzeuginternes Ladegerät. Level 3 bedient sich stattdessen einer Leistungswandlerstufe in einem externen Ladegerät und umgeht das bordeigene Ladegerät. Ein EVSE-Design gemäß Level 1 nutzt den allgemein verfügbaren Netzstrom (120 V AC in den USA) und nimmt dabei zwischen 12 und 16 Ampere auf. Zum vollständigen Aufladen einer Batterie mit 24 kWh sind 12 bis 17 Stunden erforderlich.

EVSE des Levels 2 verwendet dagegen eine standardmäßige Leitung mit 240 V AC, um ein robusteres bordeigenes Ladegerät zu speisen. Mit einer Stromaufnahme zwischen 15 und 80 A lässt sich eine 24-kWh-Batterie in etwa 8 Stunden aufladen. Wie erwähnt, greift EVSE des Levels 3 auf ein externes Ladegerät zurück, das bei einer hohen Spannung von 300 bis 750 V bis zu 400 A direkt in die Fahrzeugbatterie des Fahrzeugs einspeist. Hierdurch schrumpft die Ladezeit für eine 24-kWh-Batterie auf nur noch eine halbe Stunde. Ladegeräte in Privathaushalten entsprechen Level 1 oder 2, während öffentliche Ladestationen gemäß Level 2 oder 3 implementiert sind.

Der Anschluss des Fahrzeugs an die Gleich- oder Wechselstromquelle erfolgt mithilfe spezieller Steckverbinder. Die größte Verbreitung hat hier der SAE-Standard J1772 mit fünf Pins erlangt: drei für die einzelnen Wechselstromphasen, einem zur Erkennung des Näherungssignals und einem Pilotsignal. Das Näherungssignal verhindert ein Bewegen des Fahrzeugs, solange das Ladegerät angeschlossen ist. Das Pilotsignal ist eine bidirektionale Kommunikationsschnittstelle mit einem zugehörigen Protokoll, das zwischen Batteriestatus und verfügbarer Energie vermittelt.

Die größte Verbreitung unter den Hochspannungs-DC-Steckverbindern hat der „Charge de Move“ (CHAdeMO), bei dem ein Pin für die CAN-Kommunikation (Controller Area Network) reserviert ist. Beim Combined Charging System-Steckverbinder kommen zu den fünf Pins des J1772 zwei weitere Pins für die hohe Gleichspannung hinzu. In Europa gibt es außerdem weitere ähnliche Steckverbindertypen.

Das EVSE-Design

Bild 2 gibt eine Übersicht über die Hauptkomponenten von EVSE Level 1 oder 2. Der einphasige Netzstrom von 120 oder 240 V AC wird zunächst auf die Stromversorgungen für die Überwachungs-, Steuerungs- und Kommunikations-Schaltungen aufgeteilt. Anschließend gelangt die Netzleitung zu Sensorschaltungen, die den Strom und die Spannung im System überwachen und filtern. Als nächstes wird der Netzstrom zu den Hochstrom-Kontakten eines Relais geführt, um danach mit den Pins des J1772-Steckverbinder verbunden zu werden. Ein Mikrocontroller beispielsweise der Reihe MSP430™ von TI koordiniert die Überwachungs-, Steuerungs- und Kommunikations-Schaltungen. Ein MSP430 mit Peripheriefunktionen für Capacitive-Touch-Sensoren (z. B. für die CapTIvate™-Technologie) kann darüber hinaus die gängigen Anwender-I/O-Verbindungen zu einer Mensch-Maschine-Schnittstelle (HMI) mit LCD-Touchscreen und Bedienelementen implementieren. Vervollständigt wird das EVSE durch einen oder mehrere Kommunikations-Ports.

In Bild 3 sind die Hauptbestandteile eines Gleichstrom-EVSE für Level 3 zu sehen. Der dreiphasige Netzwechselstrom wird als erstes in einer Leistungsfaktor-Korrekturschaltung aufbereitet. Anschließend erfolgt mit MOSFET-Gleichrichterschaltungen die Gleichrichtung zu einer etwa 400 V betragenden Gleichspannung, die daraufhin einem mit Leistungs-FETs oder IGBTs bestückten Gleichspannungswandler zugeführt wird. Diese Stufe dient zur Erzeugung der passenden Gleichspannung von ungefähr 400 V zum Laden der Batterie. Einer oder mehrere Mikrocontroller beispielsweise aus der Serie C2000™ von TI koordinieren die Überwachungs- und Steuerungsfunktionen sowie die AC/DC- und DC/DC-Wandlung. Der ARM®-basierte Sitara™-Prozessor kann im Zusammenwirken mit MSP-Mikrocontrollern mit Capacitive-Touch-Technologie fortschrittliche HMI- und Point-of-Sale-Rechnungsstellungs-Fähigkeiten beisteuern.

Zu beachten ist ferner, dass das EVSE dank der PLC- (Powerline Communication) und der CAN-Funktionen über eine durchsatzstarke Kommunikationsverbindung zum Fahrzeug verfügt.

Kommunikations-Schnittstellen

Sämtliche EVSE-Stationen nutzen irgendeine Art von Kommunikation als Hilfestellung für den Ladevorgang. In EVSE der Levels 1 und 2 ermöglicht der Pilotsignal-Port der Netzstromquelle den Dialog mit dem Fahrzeug, seinem Bordladegerät und der Batterie. Der Pilot-Port nutzt ein einfaches, pulsweitenmoduliertes Signal mit 1 kHz und ±12 V zur Signalisierung des Ladezustands und des seitens der AC-Quelle verfügbaren Stroms. Die Ausstattung einiger Systeme mit Wi-Fi®-Funktionalität hilft beim Management des Ladeprozesses über ein Wi-Fi-fähiges Gerät (Tablet oder Smartphone). Mit einer geeigneten App haben Konsumenten sogar die Möglichkeit, die nächste Ladestation zu finden und dort Ladezeit zu reservieren.

An öffentlichen Ladestationen wird zusätzlich das NFC-Protokoll (Near Field Communication) für die Benutzer-Autorisierung und die Bezahlung verwendet. Die NFC-Technik basiert auf einem modulierten 13,56-MHz-Signal, das zum Senden und Empfangen geringer Datenraten über kurze Distanzen dient. Die meisten modernen Smartphones sind inzwischen mit NFC ausgestattet.

EVSE-Stationen des Levels 3 bedienen sich entweder des CAN-Busses oder des PLC-Protokolls. Einige Systeme verwenden darüber hinaus die RS-485-Schnittstelle zur Kommunikation mit einem externen System an einer öffentlichen Ladestation.

Designressourcen

Von Texas Instruments gibt es ein breites Angebot an Bauteilen und Referenzdesigns, mit denen sich das EVSE-Design beschleunigen und vereinfachen lässt:

Weitere Referenzdesigns, Development Kits und Ressourcen gibt es im Grid Infrastructure Portal auf TI.com.

Literatur

U.S. Department of Energy, Alternative Fuels Data Center, abgerufen am 19. September 2017.