Wo steht die deutsche Medizintechnikindustrie Mitte 2020?

MEDIZINTECHNIK

Der Branchenverband Spectaris gibt einen Einblick in die gegenwärtige Lage der deutschen Medizintechnikindustrie und einen Ausblick auf das Gesamtjahr. So erwarten 75 Prozent der Unternehmen 2020 einen Umsatzrückgang. Knapp 60 Prozent rechnen sogar mit einem zweistelligen Minus gegenüber dem Vorjahr.



Die zweite Umfrage des deutschen Industrieverbandes Spectaris und des Branchenclusters MedicalMountains innerhalb von drei Monaten zur wirtschaftlichen Situation der Medizintechnikunternehmen Deutschlands bestätigt die im April geäußerten Befürchtungen. Auch im Juni erwarteten die Unternehmen im Durchschnitt noch ein Umsatzminus für das Jahr 2020 von insgesamt acht Prozent, darunter zwölf Prozent im Auslandsgeschäft – was bei einer Exportquote von zuletzt 65 Prozent bedenklich ist.


Einzelne Bereiche laufen sehr gut

Es gibt in der Branche auch Unternehmen, deren Erwartungen für das laufende Jahr insbesondere wegen der zurückliegenden Wochen und Monate positiv ausfallen: Hersteller von Beatmungsgeräten und Intensivbetten zum Beispiel. Doch deren Zuversicht repräsentiert laut Spectaris nicht das Gesamtbild der Branche.


Die Mehrheit verzeichnet Umsatzeinbußen

„Die Medizintechnik leidet wie andere Branchen weiterhin massiv unter den Folgen der Coronakrise. Die Auftrags- und Umsatzsteigerungen einiger Unternehmen können die Rückgänge der Mehrheit nicht kompensieren“, erklärt Dr. Martin Leonhard, Vorsitzender der Medizintechnik-Sparte bei Spectaris. 75 Prozent der Unternehmen geben an, mit einem Umsatzrückgang in diesem Jahr kalkulieren zu müssen, knapp 60 Prozent erwarten ein zweistelliges Minus gegenüber dem Vorjahr.

51 Prozent der Unternehmen nutzten auch im Juni noch die Möglichkeit der Kurzarbeit und nahezu jedes Fünfte (18%) benötigt Zuschüsse und Soforthilfen. In Krankenhäusern wurden viele Operationen verschoben und die Orthopädietechnik litt unter den Kontaktbeschränkungen. Die beiden Beispiele erklären, warum insgesamt 68 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage als verschlechtert darstellen: das sind noch einmal zwei Prozentpunkte mehr als im April.


Unterstützung gefordert

Auch die Zahl der Betriebe und Konzerne, die eine deutlich verringerte Nachfrage beklagen, ist in den vergangenen drei Monaten von 61 auf 64 Prozent noch größer geworden. Obwohl die logistischen Engpässe und gestörten Lieferketten der Umfrage zufolge derzeit nicht mehr so stark ins Gewicht fallen wie noch vor einem Vierteljahr, sind die meisten Unternehmen ohne weitere staatliche Unterstützungen und ohne eine gravierende Verbesserung der Rahmenbedingungen offensichtlich kaum in der Lage, ihre Situation entscheidend zu verbessern. Spectaris fordert eine Unterstützung aller Medtech-Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe.

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