TU Graz und AVL entwickeln Testszenarien zur Simulation von autonomen Fahrsystemen

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An der TU Graz wird zu Softwaresystemen für autonome Fahrsysteme geforscht. In Zusammenarbeit mit AVL wird eine Methode zur Generierung sicherheitskritischer Simulationsszenarien und ein adaptives Regelverfahren zur Kompensation interner Fehler entwickelt.



Das Institut für Softwaretechnologie der TU Graz und die AVL-Gruppe „Cyber-Physical Testing Systems“ arbeiten an der automatische Generierung umfangreicher Testszenarien für Simulationen und der systeminternen Fehlerkompensation durch ein adaptives Regelverfahren.

Nach Angaben der Forscher liefern Testfahrten alleine keine ausreichenden Beweise für die Unfallsicherheit autonomer Fahrsysteme. Es müssten 10.000-mal mehr Testkilometer als bei herkömmlichen Autos gefahren werden. Außerdem lassen sich extrem kritische Testszenarien in realen Testfahrten nicht abbilden. Deshalb müssen autonome Fahrsysteme vorranging in Simulationen auf ihre Sicherheit hin getestet werden.

Der Ansatz der Wissenschaftler

Die Forscher arbeiten an Methoden, mit denen ungleich mehr Testszenarien simuliert werden können als bisher. Ihr Ansatz: Statt Millionen von Kilometern zu fahren nutzen sie Ontologien zur Beschreibung der Umgebung von autonomen Fahrzeugen. Ontologien sind Wissensbasen für den Austausch relevanter Informationen innerhalb eines maschinellen Systems. So können beispielsweise Schnittstellen, Verhaltensweisen und Beziehungen einzelner Systemeinheiten miteinander kommunizieren. Im Fall von autonomen Fahrsystemen wären das etwa die Einheiten „Entscheidungsfindung“, „Verkehrsbeschreibung“ oder „Autopilot“.

Das Projektteam hat mit grundlegenden Detailinformationen über Umgebungen in Fahrszenarien gearbeitet und die Wissensbasen mit Details zum Aufbau von Straßen, Kreuzungen und Co gespeist. Daraus lassen sich mathematisch Szenarien ableiten, die in Simulationen das Verhalten der automatisierten Fahrsysteme testen. AVL stellt hierzu einen der Testfallgenerierungs-Algorithmen zur Verfügung.

Zusätzliche Schwachstellen aufdecken

Im Rahmen des EU-Projekts AutoDrive haben die Forschenden diese Ontologien mittels zweier Algorithmen in Eingabemodelle für kombinatorische Tests umgewandelt, die in weiterer Folge mithilfe von Simulationsumgebungen ausgeführt werden können. In ersten experimentellen Versuchen wurden gravierende Schwachstellen von automatisierten Fahrfunktionen aufgedeckt. Dadurch lassen sich Testszenarien finden, die man in der Realität schwer testen kann und die man vielleicht auch nicht im Fokus hat.

Adaptive Kompensation interner Fehler

Autonome Systeme und besonders autonome Fahrsysteme müssen in der Lage sein, sich im Fall von Störungen oder geänderten Umweltbedingungen selbst zu korrigieren und gegebene Zielzustände jederzeit verlässlich erreichen.

Die Forscher haben ein Regelverfahren entwickelt, das interne Fehler im Softwaresystem adaptiv kompensieren kann. Die Methode wählt alternative Aktionen so aus, dass vorgegebene Zielzustände erreicht werden können, wobei ein gewisser Grad an Redundanz zur Verfügung steht. Die Aktionsauswahl basiert auf Gewichtungsmodellen, die im Laufe der Zeit angepasst werden und die Erfolgsrate bestimmter, bereits durchgeführter Aktionen erfassen. Neben der Methode haben die Forscher auch eine Java-Implementierung realisiert und ihre Validierung anhand von zwei Fallstudien erläutert, die durch die Anforderungen des autonomen Fahrbereichs motiviert sind.

Das Projekt AutoDrive wird …

im Rahmen des EU-Programms Horizon2020 gefördert und endet im Oktober 2020. Die Projektkoordination liegt bei Infineon Deutschland. Neben der TU Graz sind aus Österreich auch AVL List, Infineon Technologies Austria, TTTECH Computertechnik, die TTTECH Auto, das AIT Austrian Institute of Technology und das Kompetenzzentrum Virtual Vehicle beteiligt.
 

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