Netzteile mit Totem-Pole-Leistungsfaktorkorrektur

Autor: Yong Ang, ON Semiconductor 

Verluste in einem Eingangsbrückengleichrichter sind ein Hindernis, um den besten Wirkungsgrad in AC/DC-Netzteilen zu erzielen. Brückenlose Totem-Pole-Netzteile mit Leistungsfaktorkorrektur (PFC; Power Factor Correction) sind eine elegante Lösung, die den verlustbehafteten Brückengleichrichter sowie den PFC-FET und die Boost-Diode durch vier aktive Schaltbauelemente ersetzen. Die Topologie muss jedoch einen komplexen Regelalgorithmus verwenden, wofür ein teurer Mikrocontroller (MCU) erforderlich ist. Die Kosten und Komplexität des Steuerelements stellen für einige Entwickler ein Hindernis bei der Einführung dieser Technik dar. Der hier beschriebene Mixed-Signal-Controller NCP1680 bietet eine Lösung für diese Design-Herausforderung.

AC/DC-Netzteile sind allgegenwärtig und machen einen großen Teil des weltweiten Energiebedarfs aus, sodass ihr Wirkungsgrad die Systemkosten und – auf höherer Ebene – die von ihnen verursachten Emissionen beeinflusst. Geht es um AC/DC-Netzteile, kommt ein weiterer Aspekt mit ins Spiel: der Eingangsleistungsfaktor. Weisen Netzstrom und Netzspannung nicht die gleiche sinusförmige Wellenform und Phase auf, ist die vom Netzteil aufgenommene Scheinleistung höher als erforderlich. Dies führt zu Ineffizienzen, die sich durch das Versorgungsnetz zurück ausbreiten. Diese Ineffizienz lässt sich durch eine Leistungsfaktorkorrektur (PFC) beheben, die inzwischen in zahlreichen Ländern und Regionen gesetzlich vorgeschrieben ist. Ein Netzteil ohne aktive PFC kann leicht 70% mehr Strom aufnehmen als eines mit PFC, weshalb es mittlerweile vorgeschrieben ist, Schaltungen zu integrieren, um den Leistungsfaktor auf einen Wert nahe 1 zu korrigieren.

EMV-Normen wie die IEC 61000-3-2 legen Grenzwerte für die Leistung von Netzoberwellen bis zur 40. Harmonischen fest, die durch den verzerrten Netzstrom erzeugt wird. Das 80-Plus-Zertifizierungsprogramm fördert einen Wirkungsgrad von 80%, der sich auf die Effizienz bei 20%, 50% und 100% Last bezieht. Die höchste Stufe des 80-Plus-Standards wird als „80+ Titanium“ bezeichnet, die einen Wirkungsgrad von mindestens 90% bei einer Last von 10% bis 100% vorschreibt.

Wirkungsgrad-konform nach "80+ Titanium"

Die herkömmliche Methode der aktiven PFC umfasst einen Aufwärts (Boost) Wandler zwischen der gleichgerichteten Netzversorgung und einem DC-Pegel, der höher als die Netzspannungsspitze ist (Bild 1 links). Pulsweitenmodulation (PWM) reguliert dabei den DC-Pegel und zwingt den Netzstrom, der Wellenform der Netzspannung zu folgen.

Diese Technik funktioniert gut und lässt sich in den Leitungsmodi Continuous Conduction Mode (CCM), Discontinuous Conduction Mode (DCM) und Critical Conduction Mode (CrM) leicht steuern – je nachdem, ob die Energie der Boost-Induktivität bei jedem Zyklus vollständig aufgebraucht wird oder nicht. Es besteht jedoch auch die Forderung, den Wirkungsgrad des AC/DC-Wandlers zu erhöhen, wobei der strengste „80+ Titanium Standard“ für Server eine Effizienz von bis zu 96% bei 230VAC-Eingang und 50% Last vorschreibt. Normalerweise sind 2% Verlust für die DC/DC-Stufe erlaubt, sodass nur 2% für die Netzgleichrichtung und PFC-Stufe übrigbleiben, aber mehr als 1% geht allein im Brückengleichrichter und bis zu etwa 1,7% bei niedriger Netzspannung verloren.



    Daher wurde eine effizientere Technik entwickelt: die brückenlose Totem-Pole-PFC (TPPFC) (Bild 1 rechts). Dabei wird die Boost-Diode durch einen Synchrongleichrichter ersetzt, sodass der Boost-Transistor und die Boost-Diode Q1 und Q2 je nach Netzpolarität ihre Funktionen tauschen können. Jetzt sind nur noch zwei Netzgleichrichterdioden erforderlich, die wie gezeigt auch die Synchrongleichrichter Q3 und Q4 sein können, um einen noch besseren Wirkungsgrad zu erzielen.

    Mit perfekten Schaltbauelementen, einer idealen Induktivität und null Diodenspannungsabfällen kann der Wirkungsgrad der TPPFC-Schaltung nahe 100% liegen. Reale Schalter weisen jedoch Leitungs- und Schaltverluste auf, und obwohl MOSFETs mit sehr geringem Durchlasswiderstand (sogar parallelgeschaltet) verwendet werden können, um niedrige Leitungsverluste zu erzielen, erhöht dies unweigerlich die dynamischen Verluste. Daher muss ein Gleichgewicht gefunden werden.

    Dynamische Verluste entstehen durch die Sperrverzögerung des als Boost-Synchrongleichrichter konfigurierten MOSFETs, wenn seine Body-Diode in der Schalt-Totzeit leitet, sowie durch das Laden und Entladen der Schaltausgangskapazität. Die Auswirkung auf den Wirkungsgrad kann so gravierend sein, dass Silizium-MOSFETs (selbst Superjunction-Versionen) im CCM-Betrieb nicht in der Schaltung verwendet werden können. Folglich müssen Schalter mit großer Bandlücke (WBG; Wide Bandgap) in Siliziumkarbid (SiC) und Galliumnitrid (GaN) in Betracht gezogen werden.
    CCM wird bei höherer Leistung bevorzugt, da die Spitzenströme von Schalter und Induktivität niedrig angesetzt werden können, was die Effektivwerte reduziert sowie die Leitungs- und Induktivitäts-/Kernverluste geringhält. Dies ist jedoch ein „harter“ Schaltmodus, bei dem die Sperrverzögerungs- und Ausgangskapazitätseffekte hohe dynamische Verluste verursachen.

    Bei niedrigen Leistungen weist der DCM-Betrieb geringe Einschaltverluste auf, da der Boost-Diodenstrom zu diesem Zeitpunkt auf Null gefallen ist und daher keine Ladung zurückgewonnen werden muss. Die Spitzen- und Effektivströme können jedoch unbeherrschbar sein und hohe ohmsche und Kernverluste verursachen, sodass DCM für hohe Leistungen ungeeignet ist.

    CrM als guter Kompromiss

    Ein guter Kompromiss, der bis zu einigen hundert Watt oder mit Interleaving auch darüber hinaus verwendet werden kann, ist der CrM-Betrieb. In diesem Modus wird die Schaltfrequenz variiert, um die Schaltung zu zwingen, an der Grenze zwischen CCM und DCM zu arbeiten, wenn sich der Laststrom oder die Netzspannung ändert. Die Vorteile der geringen Einschaltverluste bleiben erhalten, während der Spitzenstrom auf den 2-fachen Durchschnittswert begrenzt wird, um angemessene Leitungs- und Kernverluste zu erreichen (Bild 2).
     

    Das Ausschalten im CrM-Betrieb führt jedoch zu einer harten Schaltkommutierung, wobei die Durchlassverzögerung der Boost-Diode einen gewissen Verlust und ein Überschwingen der Ausgangsspannung verursacht. Die variable Schaltfrequenz des CrM hat auch den Nachteil, dass bei geringer Last die Frequenz sehr hoch sein kann, was zu mehr Schaltverlusten und einem schlechteren Wirkungsgrad führt. Die Beziehung ergibt sich aus:

    Die Gleichung spiegelt ein direktes umgekehrtes Verhältnis von Schaltfrequenz zu Eingangsleistung wider. Eine Änderung der Last von 20% auf 100% (oder um das 5-fache) führt zu einer 5-fachen Änderung der Frequenz bei konstantem Wirkungsgrad. Eine höhere Frequenz verringert jedoch den Wirkungsgrad, sodass die Faktoren sich gegenseitig beeinflussen. Die Beziehung zwischen Frequenz und Effektivwert der Netzspannung ist komplexer und führt zu einer Frequenzänderung von mehr als 2:1 über den Netzbereich – mit einem Spitzenwert bei einer mittleren Spannung.

    Klemmfrequenz im CrM-Betrieb reduziert Verluste bei geringer Last

    Der Wirkungsgradabfall kann bei geringer Last bis zu 10% betragen und ist ein echtes Problem, wenn man versucht, die Grenzwerte für den Energieverbrauch im Standby-Modus oder Leerlauf einzuhalten. Eine Lösung besteht darin, die maximal zulässige Frequenz zu begrenzen (Foldback), indem die Schaltung bei geringer Last in den DCM-Betrieb gezwungen wird, wo die höheren Spitzenströme im Vergleich zu CrM ohnehin auf einem niedrigeren Niveau liegen.

    Eine Lösung für die Blindleistungskompensation bei mittlerer Last und hohem Wirkungsgrad über den gesamten Leitungs- und Lastbereich ist also die Totem-Pole-Anordnung mit Frequenzklemmung. Die Schaltung sollte eine Kombination aus Silizium-MOSFETs für die synchrone Gleichrichtung der AC-Netzversorgung sowie WBG-Schaltbauelemente für den HF-Block verwenden. Die Steuerung dieser Schaltung ist jedoch eine Herausforderung, da:

    • vier aktive Bauelemente angesteuert und der Diodenstrom Null erkannt werden müssen, um den CrM-Betrieb zu erzwingen;
    • bei geringer Last automatisch auf DCM umgeschaltet und gleichzeitig die Ausgangsspannung geregelt sowie ein hoher Leistungsfaktor beibehalten werden muss. 

    Ein Überstromschutz für den Schalter ist ebenso wünschenswert wie eine Überspannungserkennung am Ausgang. All dies lässt sich durch komplexe Regelalgorithmen in einer MCU realisieren, die über eine Schnittstelle mit den Schaltern und erfassten Parametern verbunden ist. Diese Lösung kann jedoch teuer sein und der Stromversorgungsentwickler muss sich nun an der Programmierung der MCU für optimale Leistungsfähigkeit beteiligen – eine entmutigende und zeitraubende Aufgabe für jene, die damit nicht vertraut sind.

    Der Mixed-Signal TPPFC-CrM-Controller 

    Eine einfachere Lösung, die keine Programmierung erfordert, bietet jetzt ON Semiconductor an. Der NCP1680 gilt als der einzige Mixed-Signal TTPFC-CrM-Controller der Branche und wird in einem SOIC-16-Gehäuse angeboten. Der Baustein verfügt über einen proprietären verlustarmen Stromsensor und bewährte Regelalgorithmen für eine kostengünstige, risikoarme, aber dennoch leistungsstarke Lösung. Er bietet CrM mit konstanter Einschaltzeit und „Valley-Switching“ während des Frequenz-Foldbacks bei geringer Last, um den Wirkungsgrad durch Schalten bei einem Spannungsminimum zu verbessern. Der digitale Spannungsregelkreis wird intern kompensiert, um das Systemdesign zu vereinfachen und die Leistungsfähigkeit über den gesamten Lastbereich zu optimieren. Zum Schutz ist eine zyklusweise Strombegrenzung enthalten, ohne dass ein Halleffekt-Sensor erforderlich ist. Bild 3 zeigt ein vereinfachtes Schaltbild einer Totem-Pole-PFC-Stufe mit dem NCP1680.
     

     

    Für den NCP1680 steht ein Evaluierungsboard zur Verfügung (Bild 4), das GaN-HEMT Bausteine für die schnellen Schalter und Si-MOSFETs für die Synchrongleichrichter der AC-Netzspannung verwendet.

    Das Board liefert 300 W Leistung bei 395 VDC über eine 90-265VAC-Netzversorgung und zeigt einen Spitzenwirkungsgrad bei Volllast von fast 99%. Über den gesamten Netzbereich werden 98% Wirkungsgrad bis hinab auf 20% Last erzielt (Bild 5).

    Mit der Verfügbarkeit von WBG-Halbleitern und einem kostengünstigen CrM-Mixed-Signal-Controller von ON Semiconductor wird die Totem-Pole-PFC-Stufe zu einer idealen Lösung für eine hocheffiziente Leistungsfaktorkorrektur bis zu mehreren hundert Watt und ermöglicht gleichzeitig die Einhaltung der „80+-Titanium“-Effizienzstandards und Ökodesign-Anforderungen für Standby- und Leerlaufverluste.

    Angesichts der geforderten höheren Wirkungsgrade in allen vertikalen Sektoren wird die verbesserte aktive PFC, die sich mit CrM erzielen lässt, um Verluste in allen Lastbereichen zu verringern, von Herstellern, Verbrauchern und Stromversorgern begrüßt. Entwickler können jetzt mit der Evaluierung des NCP1680 beginnen und damit den Wirkungsgrad neuer Produkte in allen Anwendungsbereichen steigern.