HMIs als Edge-Gateways 

Es wird häufig über die Bereitstellung eines Industrie-Racks oder eines Box-PCs zur Bereitstellung von Intelligenz an den verschiedenen Netzwerkrandpunkten innerhalb einer Systemarchitektur gesprochen. Gleichermaßen spricht man bei geografisch unterschiedlichen Architekturen über Edge Computing durch den Einsatz intelligenter Mobilfunkrouter, die Software für Anwendungen wie Protokollübersetzung oder KI-Inferenz hosten können. Vielfach beinhaltet die Architektur auch Anforderungen an die Visualisierung, entweder auf lokaler Maschinenebene, für die Übersicht über Standorte/Produktionslinien oder zur Überwachung des gesamten Systembetriebs.

HMI-Geräte (Human Machine Interface, Mensch-Maschine-Schnittstelle) werden oft lediglich als lokale Endpunkte für Daten betrachtet, die entweder von anderen Geräten stammen oder dort generiert werden. Diese Sichtweise übersieht jedoch eine wichtige Möglichkeit zur Vereinfachung des gesamten Systemdesigns, nämlich den Einsatz des HMI-Geräts als eigenständiges, intelligentes Edge-Gateway. Diese Herangehensweise kann die Systemarchitektur vereinfachen und die Betriebseffizienz steigern.


Autoren:
Tim Taberner (IIoT Technical Sales Director Advantech)
ChiaHung Hung (IIoT Product Sales Management Advantech)

 

Das Konzept der Industrie 4.0, ermöglicht durch die Digitalisierung der Produktion und die Vernetzung von Industrieanlagen, befindet sich auf dem Weg, die Produktionswerkzeuge zu revolutionieren. Als bahnbrechende Entwicklung macht Industrie 4.0 die Produktionskette flexibler und ermöglicht die Herstellung maßgeschneiderter Produkte bei gleichbleibendem Gewinn. 

Auch bei der Wartung von Maschinen und Anlagen können Unternehmen von den Vorteilen durch die Digitalisierung und Vernetzung von Geräten und Anlagenteilen über das IIoT profitieren. 

Statt Verschleißteile in festgelegten Intervallen auszutauschen, lässt sich der Betriebszustand einer Maschine mit Sensoren - insbesondere Beschleunigungssensoren – analysieren. Bei der vorausschauenden Wartung muss der Betreiber selbst nur eingreifen, wenn bestimmte Frühwarnsymptome auftreten. 

Diese als Zustandsüberwachung (CbM, Condition-based Monitoring) bezeichnete Analyse des Gesundheitszustands einer Maschine begrenzt die Wartungskosten gegenüber einem systematischen Wartungssystem auf Basis fester, oft recht konservativer Zeitpläne. Zusätzlich zu den Vorteilen aufgrund von weniger strikten Wartungsmaßnahmen, ermöglicht die frühzeitige Erkennung von Problemen geplante Maschinenstillstände, was stets besser ist als ein unerwarteter Stillstand der Produktionslinie. 


Vibrationsanalyse: Die Bedeutung des Sensors

Um den richtigen Zeitpunkt für eine Wartungsmaßnahme zu ermitteln, nutzt der Produktionsbetrieb Parameter wie Vibrations-, Geräusch- und Temperaturmessungen. Unter den messbaren physikalischen Größen liefert die Messung des Vibrationsspektrums die meisten Informationen über den Ursprung eines Problems einer rotierenden Maschine. 

Eine anormale Vibration kann ein Anzeichen für ein defektes Kugellager, eine falsch ausgerichtete Achse, eine Unwucht, übermäßiges Spiel und vieles mehr sein. Jedes dieser Probleme äußert sich durch ein spezifisches Symptom, wie beispielsweise Vibrationsquellen in rotierenden Maschinen. 


Vibrationen mit Beschleunigungssensoren messen

Für Vibrationsmessungen kommen Beschleunigungssensoren zum Einsatz, die in der Nähe des zu überwachenden Maschinenelements befestigt sind. Als vorteilhafte Alternative zu piezoelektrischen Beschleunigungssensoren können Anlagenbetreiber MEMS-Sensoren verwenden, die neben einem besseren Ansprechverhalten bei niedrigen Frequenzen auch besonders kleine Abmessungen aufweisen. 

Bei einem fehlerhaften Kugellager entsteht jedes Mal, wenn eine Kugel mit einem Riss oder einem Defekt des Innen- oder Außenrings in Berührung kommt, ein Stoß, der eine Vibration oder sogar eine leichte Verschiebung der Rotationsachse verursacht. Die Häufigkeit der Stöße hängt von der Drehzahl sowie der Anzahl und dem Durchmesser der Kugeln ab. 

Doch das ist noch nicht alles! Sobald ein Defekt auftritt, erzeugen Stöße ein manchmal sogar hörbares Geräusch - die Schockwelle. Das Geräusch manifestiert sich durch das Auftreten von Spektralkomponenten mit niedriger Amplitude und relativ hoher Frequenzen, die oft größer als 5kHz sind und stets weit über der Grunddrehfrequenz liegen. 

Nur rauscharme Beschleunigungssensoren mit hoher Bandbreite, wie beispielsweise der ADXL100x von Analog Devices, können die Spektrallinien messen, welche mit den ersten Anzeichen eines Schadens oder Ausfalls verbunden sind. Solche Beschleunigungssensoren liefern auch dann wertvolle Informationen, wenn langsamere oder mit stärkerem Rauschen behaftete Produkte nichts messen. Verschlimmert sich der Schaden, steigt die Amplitude der niederfrequenten Komponenten. 

In einem fortgeschrittenen Fehlerstadium lässt sich die Vibrationsstärke mit einem Beschleunigungssensor der Einstiegsklasse erfassen. Doch der Ausfall steht zu diesem Zeitpunkt unmittelbar bevor, so dass dem Wartungsteam nur noch wenig Zeit bleibt, zu reagieren. Um nicht überrascht zu werden, ist es wichtig, die ersten Anzeichen einer Anomalie mit einem rauscharmen und breitbandigen Beschleunigungssensor zu erkennen. 


Die Schlüsselrolle von HMI-Software im Bereich Automatisierung

HMI-Software ist ein grundlegender Bestandteil von Automatisierungsarchitekturen. Sie wird entweder als integraler Bestandteil eines Anzeigepanels oder als separate Softwareanwendung zur Installation auf einem Panel oder einem industriellen PC geliefert und stellt Ingenieuren und Betreiber Informationen zur Verfügung und ermöglicht die Interaktion mit den zugrunde liegenden Prozessen und Geräten.


Die eigenständige Steuerung

Sogar in der heutigen, immer stärker vernetzten Welt gibt es immer noch Fälle, in denen Betreiber von Prozessanlagen keine Verbindung zu externen Systemen und Geräten herstellen können oder wollen. Ein typisches Beispiel dafür ist die Verwendung eines älteren oder einfacheren SPS-Geräts in einer Maschine oder Prozesslinie. Es ist immer noch notwendig, dass Betreiber und Ingenieure mit dem System interagieren, aber die zugrundeliegenden Steuerungssysteme unterstützen keine großflächige Cloud-Konnektivität.
 



In solchen Fällen kann eine HMI von geeigneter Größe und Leistungsfähigkeit als eigenständige Steuerung verwendet werden. Sie bietet eine Schnittstelle, die von einfachen virtuellen Bedienfeldern und Drucktasten für eine einzelne Maschine bis hin zu einem ausgefeilten Visualisierungs-, Verlaufs- und Alarmpaket für eine gesamte Produktionslinie oder einen verteilten Prozess reicht und eine Mischung aus Drucktasten und rezeptbasierten Steuerungsoptionen bietet. Dadurch wird die HMI zu einem eigenständigen SCADA-System mit nur einem Bildschirm, das eine kosteneffektive Option für Benutzer darstellt, die kein Mehrbildschirmsystem benötigen.
 

Der grafische Endpunkt

In diesem Anwendungsfall wird das HMI-Panel als ein Visualisierungspaket für einen industriellen PC oder ähnliches betrachtet, welches die Edge-Intelligenz für die Maschine, die Linie oder den Prozess bereitstellt.
 

Dabei stellt ein Edge-Gerät die Standortintelligenz bereit und fungiert in der Regel als Gateway, das die Daten anreichert, aggregiert und filtert, um verwertbare Erkenntnisse zu gewinnen, die anschließend an das Unternehmen weitergeleitet werden. Es kann auch Benutzeranwendungen zur Bearbeitung der lokalen Daten umfassen, um Kontroll- und Verwaltungsstrategien über die angeschlossenen Geräte aufzusetzen. In solchen Fällen kann es sich bei der HMI einfach um ein Touchscreen-Display handeln, das von der Visualisierungssoftware auf dem Edge-Gerät angesteuert wird. In der Regel bietet die HMI jedoch ähnliche Funktionen wie eine eigenständige Steuerung. Tatsächlich wird die HMI in vielen Fällen unabhängig vom Edge-Gerät betrieben, indem sie direkt mit dem zugrundeliegenden Prozess verbunden wird, um dessen Basisdaten abzurufen.


Die HMI als Gateway

Der Einsatz eines HMI-Geräts als System-Gateway ist durchaus sinnvoll. Das Gateway ist architektonisch betrachtet ein Knotenpunkt, an dem Daten von Geräten niedrigerer Ordnung zusammenlaufen, was natürlich auch auf jeden HMI-Bereitstellungspunkt zutrifft. 

Durch die Schaffung von Mechanismen, mit denen Benutzeranwendungen auf der HMI-Hardware implementiert werden können und eine Schnittstelle zu den Daten in der HMI geschaffen wird, können Benutzer die Geräteprotokoll- und Datenwiederherstellungsfunktionen des HMI-Systems nutzen. Dadurch können möglicherweise wochenlange Entwicklungsarbeiten eingespart und die Anwendungsbemühungen auf ihre spezifische Fachkompetenz und Branchenerfahrung konzentriert werden. Außerdem bedeutet der Einsatz von HMI-Software wie HMINavi von Advantech, dass die Anbindung an das Unternehmen mit Hilfe von IT-Protokollen wie MQTT, SQL und ODBC oder über eine direkte Verbindung zu Cloud-Diensten wie AWS oder Azure durch eine einfache, codefreie Konfiguration erreicht werden kann, wodurch wiederum ein erheblicher Entwicklungsaufwand für die Benutzer eingespart werden kann.


Warum sollte man Hardware und Software zusammen beziehen?

Natürlich gibt es eine Reihe von Anbietern für HMI-Hardware und eine weitere Reihe von Anbietern für SCADA-Software, warum sollte man also beides von einem einzigen Anbieter kaufen? Die Antwort liegt in den Vorteilen, die dieser Ansatz mit sich bringt:


Verringerung der Anzahl von Anbietern

Jeder Anbieter, bei dem Unternehmen kaufen, bringt versteckte Kosten mit sich. Es müssen Geschäftsbedingungen vereinbart werden, die Qualität muss geprüft werden, die Bestellungen müssen bearbeitet werden und so weiter. Durch den Bezug von Hardware und Software von einem einzigen Anbieter entfallen die mit einem zweiten Anbieter verbundenen Kosten.
Kompatibilität von Hardware und Software
Wenn Hardware und Software von einem einzigen Anbieter bezogen werden, stellt dies die ordnungsgemäße Funktion der Software sicher. Dies ist selbstverständlich zum Zeitpunkt des Kaufs wichtig, aber noch wichtiger ist der Einsatz der Geräte vor Ort. In der heutigen Welt gehören Patches für Software aus allen möglichen Gründen zur Realität. Fehlerkorrekturen, Sicherheitsupdates oder einfach nur die fortlaufende Entwicklung bergen die Möglichkeit einer Inkompatibilität mit der zugrunde liegenden, eingesetzten Hardware. Bei nur einem einzigen Anbieter sind diese Inkompatibilitäten viel unwahrscheinlicher.


Skalierbarkeit

Häufig verfügen Benutzer über eine Vielzahl von HMI-Anwendungen, die sich sowohl in der Komplexität der Datenverarbeitung und der Visualisierungsanforderungen als auch in der zugrunde liegenden Panelgröße und den Umgebungseigenschaften unterscheiden. Unabhängige Softwareanbieter definieren normalerweise Mindestanforderungen für ihre Plattformen, was den Einsatz auf einfacheren, kleineren Bedienpanels, die typischerweise zur Steuerung einzelner Maschinen verwendet werden, ausschließt. Anbieter solcher einfachen Maschinenbedienungspanels bieten andererseits selten die umfassende Funktionalität, die für SCADA-ähnliche Funktionen höherer Ordnung erforderlich ist. Folglich müssen Ingenieure lernen, mehrere Softwarepakete bedienen und warten zu können, was wiederum zu versteckten Kosten für den Betreiber führt.


Die HMINavi-Lösung von Advantech

Bei HMINavi handelt es sich um ein hochfunktionales SCADA-Paket, das für den Einsatz in einer HMI-Umgebung mit nur einem Bildschirm optimiert ist. Es ist besonders relevant für OT-Ingenieure, die nach einer Möglichkeit suchen, SPS-Daten zu visualisieren und sie in IT-Cloud-Umgebungen und MES-Systeme zu integrieren. Es ist für zahlreiche Daten-Panels, Panel-PCs und industriellen PCs erhältlich und umfasst sowohl allgemeine als auch spezialisierte Hardware-Plattformen für Anwendungen. Das ermöglicht es Benutzern, eine einheitliche Umgebung für eine Vielzahl von Anwendungen bereitzustellen und so die versteckten Kosten zu reduzieren, die bei der Verwendung unterschiedlicher Display-Pakete an verschiedenen Einsatzorten entstehen.

Es umfasst eine sich ständig weiterentwickelnde Liste von Protokolltreibern/Gerätezuordnungen für mehr als 500 gängige Geräte wie z. B. SPS, die eine einfache Integration in praktisch jede Prozessautomatisierungsumgebung ermöglichen, sowie Uplink-Protokolle, die den Einsatz als Protokoll-Gateway, die Übersetzung und Weiterleitung von Daten zwischen ansonsten inkompatiblen Peer-Systemen oder die Kopplung zwischen OT- und IT-Umgebungen durch einfache Point-and-Click-Konfiguration ermöglichen.

Dank einer umfassenden Reihe von dynamischen Grafikprimitiven können datenreiche und intuitive Benutzeroberflächen erstellt und eingesetzt werden, während auch Echtzeittrendanzeigen zur Visualisierung sich abzeichnender Verhaltensweisen unterstützt werden. Für die Ausgabe stehen eine Reihe von bidirektionalen Grafikprimitiven sowie Rezeptblöcke, Zeitplanung, Skripting und Makroausführung zur Verfügung.  Ein umfassendes Alarmpaket informiert Betreiber über eine Vielzahl optionaler Methoden proaktiv über Grenzwertüberschreitungen und bietet ihnen gleichzeitig die Möglichkeit zur Rückverfolgung und Analyse der Ereignisse, die zu dem Alarmzustand geführt haben.


Dank dieser Kombination aus klassischer HMI-Funktionalität in Verbindung mit flexiblen Uplink-Funktionen und der Möglichkeit zur gleichzeitigen Ausführung und gemeinsamen Nutzung von Daten mit anderen Anwendungen, die auf derselben physischen HMI-Hardware ausgeführt werden, ist HMINavi ein überzeugendes Angebot für Benutzer, die eine der oben genannten Architekturen einsetzen. Durch HMINavi wird das Bedienfeld zur zentralen Schaltstelle für alle Funktionen, was zu einer geringeren Komplexität, geringeren Kosten und einem geringeren Risiko bei der Einrichtung vor Ort führt. Darüber hinaus kann der hohe Grad an Funktionalität, den die No-Code-Konfigurationsumgebung bietet, bei der Entwicklung eines Systems erhebliche Mengen an Zeitaufwand und Kosten sparen.


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