Herausforderungen und Möglichkeiten von Digital Power Designs

Autor: Dr. Michael Hallworth, XP Power

„Digital Power“ hat in den letzten fünf Jahren ein rasantes Wachstum erfahren und profitiert von den vielen Vorteilen, die die digitale Regelung in einer traditionell analogen Domäne mit sich bringen kann. Die zunehmende Annahme von „Digital Power“ wurde durch die vielen neuen Produkte von Mikrocontroller-Herstellern, die speziell den „Digital-Power“-Markt fokusieren, unterstützt.



In einem herkömmlichen analogen Netzteil ist die Regelung durch Verwendung eines Steuer-ICs realisiert. Dieser Steuer-IC besteht aus Operationsverstärkern, Komparatoren und einer Vielzahl von sorgfältig ausgewählten externen Kondensatoren und Widerständen im Kompensationsnetzwerk.

Das Kompensationsnetzwerk ist so ausgelegt, dass die gewünschte Regelung der Stromverversorgung, die Performance bei kurzzeitigen Laständerungen und die Stabilität des Frequenzbereichs, dem sogenannten S-Bereich, gewährleistet wird. Die Kompensation ist fest eingestellt und wird oft durch den bandbreitenbegrenzten Optokoppler im Regelkreis limitiert. Dies ist in Abbildung 1 dargestellt.

 

Wenn wir von „Digital Power“ sprechen, meinen wir eigentlich einen digitalen Regelkreis, der die Stromversorgung regelt und stabilisiert - dieser ersetzt die analogen Steuer-ICs, die üblicherweise in Schaltnetzteilen verwendet werden. Bei einem digitalen Netzteil, wie es in Abbildung 2 dargestellt ist, wurde der analoge Steuer-IC und sein zugehöriges analoges Kompensationsnetzwerk durch einen Mikrocontroller ersetzt.

Der Mikrocontroller wird verwendet, um den Feedbackpfad der Stromversorgung zu schließen. Bei einem digital geregelten Netzteil tastet der Analog-Digital-Wandler (ADC) des Mikrocontrollers die Ausgangsspannung oder den Ausgangsstrom der Stromversorgung ab. Die Abtastung wird mit einem Referenzwert verglichen und als Ergebnis erhält man einen Fehlerterm. Der Fehlerterm wird dann als Eingangssignal für einen diskreten Zeitcontroller verwendet. Der diskrete Zeitcontroller wird in exakten und vordefinierten Zeitintervallen ausgeführt - jedes Mal, wenn eine neue ADC-Abtastung durchgeführt wurde.

Genau wie die analogen Kompensatoren im S-Bereich hat der diskrete Zeitcontroller einen Frequenzgang im Zeit- bzw. Z-Bereich. Die Reglerkoeffizienten bestimmen dabei den Frequenzgang und damit die Stabilität der Stromversorgung. Daher müssen die Reglerkoeffizienten für eine stabiles Netzteil analytisch berechnet werden.

Einfache und kostengünstige Mikrocontroller werden seit vielen Jahren für grundlegende Funktionen wie serielle Schnittstellen und Lüftergeschwindigkeitsteuerungen in Netzteilen verwendet. Die digitale Regelung war jedoch bisher überwiegend im Server- und Telekommunikationsmarkt anzutreffen, wobei die Nachfrage in den industriellen und medizinischen Märkten zugenommen hat.

Die Argumente gegen den Wechsel zur digitalen Regelung waren hauptsächlich die Kosten und die Komplexität, die mit der digitalen Regelung verbunden waren. Die Kosten eines modernen Mikrocontrollers mit DSP-Funktionalität, die zur Implementierung einer vollständigen digitalen Regelung benötigt wird, hat in den letzten Jahren jedoch dramatisch abgenommen. Die Komplexität bleibt jedoch weiterhin bestehen. Diese ergibt sich aus der Notwendigkeit eines gemischten Bereichsansatzes bei der Erstellung einer Stromversorgung; Entwickler müssen neben ihrem Wissen über die Konstruktion von Netzteilen nun auch die Fähigkeit besitzen, effizienten Programmcode zu schreiben und den zeitdiskreten Regelkreis zu stabilisieren.

Die Entwicklung robuster und effizienter Firmware für ein Netzteil kann je nach Komplexität des Netzteildesigns viel Zeit in Anspruch nehmen. Hinzu kommen der Verifikations- und Testprozess sowie die Dokumentation für verschiedene Sicherheitszulassungen. Daher müssen hierzu erhebliche Ressourcen in die Entwicklung einer robusten und zuerverlässigen digitalen Stromversorgung investiert werden. Sobald jedoch die anfängliche Investition getätigt wurde, ist einer der weiteren Vorteile der digitalen Stromversorgung die Möglichkeit die Firmware für viele verschiedene Produkte wiederzuverwenden. Zum Beispiel kann die Änderung der Firmware für Produkte mit unterschiedlichen Ausgangsspannungen innerhalb einer Produktreihe, eine einfache Anpassung der Reglerkoeffizienten sein.

Der digitale Regelkreis hat viele Vorteile gegenüber seinem analogen Gegenstück. Er ist unempfindlich gegenüber Umwelteinflüssen, Temperatur, Alterung und Toleranzen der Regelkreiskomponenten. Damit kann das System die Leistung der Stromversorgung in Echtzeit überwachen und die Parameter anpassen, um die Leistung je nach Bedarf zu gewährleisten. Darüber hinaus ermöglichen moderne diskrete Zeitsteuerungsverfahren eine höhere Leistung im Vergleich zu analogen Kompensatoren, da sie bereits in wenigen Schaltperioden auf kurzzeitige Laständerungen reagieren. Dies ist von besonderem Interesse für den Point-of-Load (POL) -Wandlermarkt, der ein Vorreiter der digitalen Regelung war.

Die ständig steigende Nachfrage nach hocheffizienten Stromversorgungen ist ein Schlüsselbereich, in dem „Digital Power“ Lösungen bietet, die über die Möglichkeiten typischer analoger Steuerungsverfahren hinausgehen. Dies kann die Anpassung der Betriebsart des Netzteils für optimales Zero-Voltage- oder Zero-Current-Switching beinhalten, wodurch die Verlustleistung minimiert und der Wirkungsgrad erhöht wird.

Die neuesten Mikrocontroller für digitale Regelkreise enthalten bereits die DSP-Funktionalität, welche es dem Regelkreis erlaubt innerhalb eines Bruchteils jeder PWM-Schaltperiode zu arbeiten. Abbildung 3 zeigt die PWM Schaltperiode eines digitalen Schaltnetzteils. In diesem Beispiel wird die Ausgangsspannung einmal pro Schaltzyklus abgetastet. Die Dauer der ADC-Wandlung benötigt bei Mikrocontrollern, welche für digitale Regelanwendungen ausgelegt sind, lediglich einige Hundert Nanosekunden. Direkt nach der ADC-Wandlung wird der diskrete Zeitcontroller durch eine Interruptroutine ausgeführt, welche eine zeitkritische Routine ist.

Wie in Abbildung 3 dargestellt, ist die Zeit, die die MCU nicht für die Ausführung des Controllers benötigt, ungenutzt. Diese ungenutzte Zeitreserve kann verwendet werden um andere Tasks oder Funktionen der Anwendung auszuführen bzw. aufzurufen. Alle Tasks mit niedriger Priorität werden in einer langsamen Schleife ausgeführt und werden immer dann unterbrochen, wenn Tasks mit hoher Priorität auftreten - wie zum Beispiel der ADC-Interrupt zum Ausführen des Regelkreiscodes.

Angesichts der Flexibilität, die ein Mikrocontroller dem Design hinzufügt, eignet sich die „Digital Power“ auch für kundenspezifische Anwendungen, bei denen Standardprodukte möglicherweise nicht alle Kundenanforderungen erfüllen. Es kann z.B. spezifische Kommunikationsanforderungen wie die Steuerung der Stromversorgung über USB, I2C oder EtherCAT geben. Weitere denkbare Anforderungen wie das Anpassen der Spannungs- und Stromgrenzwerte im laufenden Betrieb, eine Echtzeitüberwachung der Stromversorgung, sequenzielles Steuern der Ausgangsspanungen oder eine dynamische Lastverteilung zwischen mehreren Geräten sind ebenfalls realisierbar. Anwendungsspezifische Anforderungen, die möglichweise Anpassungen der Hardware voraussetzten, können nun oft durch Anpassungen in der Firmware umgesetzt werden.

Sicherlich wird der Hochleistungs-Mikrocontroller für „Digital Power“ teurer sein als ein analoges Steuer-IC. Die digitale Regelung eröffnet jedoch die Möglichkeit andere Funktionen innerhalb der MCU zu implementieren, anstatt weitere diskrete Komponenten zu verwenden. Dies kann zu einer reduzierten Komponentenanzahl und kompakteren Lösungen führen, insbesondere für Designs mit komplexen Signalanforderungen oder mehreren Ausgangsspannungen, die wiederum durch einen Mikrocontroller geregelt werden können. Das Ergebnis kann eine kostengünstigere Gesamtlösung sein. Für einige komplexe Anforderungen könnte eine digitale Lösung die einzig mögliche sein.