Entwicklung eines Instrumentenverstärkers für hochgenaue Signalketten mit großer Bandbreite

Autoren: Maithil Pachchigar und John Neeko Garlitos; beide Analog Devices

Ein Subsystem zur hochgenauen Datenerfassung besteht normalerweise aus hochleistungsfähigen, diskreten linearen Signalkettenblöcken zum Messen und Schützen, Aufbereiten und Erfassen oder Synthetisieren und Steuern. Für die Entwicklung von Signalketten für die Datenerfassung ist meist eine hohe Eingangsimpedanz erforderlich, damit sich unterschiedliche Sensortypen direkt anschließen lassen. In diesem Fall ist oft eine programmierbare Verstärkung erforderlich, um die Schaltung an verschiedene Eingangssignalamplituden anzupassen - unipolar oder bipolar und massebezogen oder differentiell mit unterschiedlichen Gleichtaktspannungen.

Die meisten PGIAs verfügen über einem massebezogenen Ausgang, der nicht in der Lage ist, eine vollständig differenzielle, auf der SAR-Architektur basierende Signalkette mit voller Geschwindigkeit zu treiben, und mindestens eine Signalaufbereitungs- oder Treiberstufe erfordert. 

Die Branchendynamik verändert sich rasant. Inzwischen hat sich ein Schwerpunkt herausgebildet, der zunehmend auf Systemsoftware und Anwendungen liegt, um Systemlösungen zu differenzieren. Aufgrund knapper Budgets für Forschung und Entwicklung und ehrgeizigen Zeitvorgaben bis zur Markteinführung bleibt Entwicklern weniger Zeit für den Schaltungsaufbau und die Erstellung von Prototypen, um die Funktionen von Analogschaltungen zu überprüfen. Auch die Ressourcen für die Entwicklung von Hardware stehen unter hohem Druck, um die Anzahl der Design-Iterationen zu verringern. 

Der Beitrag konzentriert sich auf Hauptaspekte bei der Entwicklung eines diskreten, volldifferentiellen PGIA mit großer Bandbreite und demonstriert dessen hochgenaue Leistungsfähigkeit bei der Ansteuerung einer Hochgeschwindigkeits-Signalkette einer μModule®-Datenerfassungslösung. 

PGIA-Designbeschreibung
Bild 1 zeigt ein vereinfachtes Blockschaltbild eines diskreten, volldifferentiellen PGIA mit großer Bandbreite. Tabelle 1 enthält die wichtigsten Spezifikationen und Entwicklungsanforderungen für die PGIA-Schaltung. 



    Die diskret aufgebaute PGIA-Schaltung besteht aus folgenden Bauteilen: 

    • ADA4898-1 Rauscharme Hochgeschwindigkeitsverstärker 
    • LT5400 Präzise angepasstes Vierfach-Widerstandsnetzwerk, verwendet als Verstärkungs- und Rückkopplungswiderstände zur Einstellung der PGIA-Verstärkung 
    • ADG1209 iCMOS™-Multiplexer mit geringer Kapazität zur Steuerung der PGIA-Verstärkung
    • ADA4945-1 Voll differentieller Verstärker (FDA) mit großer Bandbreite 

    Die diskreten Bauteile für diese breitbandige PGIA-Schaltung wurden so gewählt, dass sie die in Tabelle 1 gelisteten PGIA-Spezifikationen erfüllen und eine optimierte AC- und DC-Leistungsfähigkeit beim Treiben von voll differentiellen Hochgeschwindigkeits-Signalketten mit μModule-Datenerfassungslösungen wie die Bauteile ADAQ23875 und ADAQ23878 sowie ADCs wie beispielsweise die Typen LTC2387-16 und LTC2387-18 erzielen. 
     

    Entwicklungstipps und Auswahl der Bauteile
    Die Fähigkeit der diskret aufgebauten PGIA-Lösung mit großer Bandbreite, auf der SAR-Architektur basierende Hochgeschwindigkeits-Signalketten-μModule-Lösungen zu betreiben und eine optimierte Leistungsfähigkeit zu erzielen, hängt von Schlüsselspezifikationen wie Bandbreite, Flankensteilheit, Rauschen und Verzerrung der Verstärker sowie dem FDA ab. 

    Die Bauteile ADA4898-1 und ADA4945-1 wurden gewählt, weil ihre Verstärkungsbandbreitenprodukte (GBW) alle Bandbreitenanforderungen der Signalkette erfüllen. Der voll differentielle Verstärker ADA4945-1 ist nur für die Ansteuerung der A/D-Wandler LTC2387-16 und LTC2387-18 erforderlich. Die Kriterien für die Einstellung der PGIA-Verstärkung sind abhängig von der Auswahl der Verstärker, Rückkopplungswiderstände und Multiplexer. 

    Die Verstärkung des PGIA einstellen: Verstärkungs- und Rückkopplungswiderstände auswählen
    Die Verstärkungs- und Rückkopplungswiderstände der Verstärker sollten genau aufeinander abgestimmt sein. Das Vierfach-Widerstandsnetzwerk LT5400 bietet eine Anpassungsdrift von 0,2ppm/°C und einen Gleichlauf von 0,01% über einen großen Temperaturbereich sowie eine bessere Gleichtaktunterdrückung (CMRR) als unabhängig angepasste Widerstände. Die Widerstände zur Einstellung der Verstärkung des FDA müssen ebenfalls genau abgestimmt werden, um eine optimale Gleichtaktunterdrückung zu erzielen. Das Widerstandsnetzwerk LT5400 dient zur Einstellung der Verstärkung von Verstärkern. Die Verstärkung wird mit den Gleichungen 1 bis 3 berechnet. 

    Mit R1 = R4 und R2 = R3 am LT5400 ergibt sich eine Verstärkung von 

    Die Verstärkung von Verstärker und des FDA (feste Verstärkung von 2) ergeben die Gesamtverstärkung des PGIA (Tabelle 2). 

    Die Widerstandsnetzwerke der Serie LT5400 verfügen über eine Vielzahl von Widerstandsoptionen (Tabelle 2). Der Multiplexer ADG1209 lässt sich umgehen, indem man die Verstärker in einer Konfiguration mit Verstärkungsfaktor Eins verwendet, so dass in diesem Fall ein Gesamt-PGIA von 2 eingestellt würde. 
     

    Um die Verstärkung auf einen Wert von über 20 einzustellen, wird ein externer, hochgenau angepasster Verstärkungswiderstand (RGAIN) zwischen den invertierenden Eingängen der Verstärker ADA4898-1 geschaltet. Die Widerstandsnetzwerke LT5400-4 dienen als Rückkopplungswiderstände, um eine Zielverstärkung von 64 und 128 zu erreichen (Bild 2). 

    Der Wert für RGAIN lässt sich mit den Gleichungen 4 bis 8 berechnen.
     

    Als RGAIN für die gewünschte Verstärkung ergibt sich ein Wert von 

    Einen Multiplexer auswählen
    Vor dem Widerstandsnetzwerk LT5400 befindet sich ein Multiplexer, über den die Verstärkung der PGIA-Schaltung eingestellt wird. 

    Bei der Auswahl des Multiplexers für das mit diskreten Bauteilen aufgebaute PGIA-Design mit großer Bandbreite sollten Entwickler auf wichtige Parameter wie Durchgangswiderstand (RON) und Eingangskapazität (CON) im eingeschalteten Zustand, sowie Eingangskapazität (COFF)im ausgeschalteten Zustand achten. Für die hier vorgestellte PGIA-Schaltung mit großer Bandbreite empfiehlt Analog Devices den Multiplexer ADG1209. 

    Der Kompensationskondensator (Cc) wird in den Rückkopplungspfad von Verstärkern geschaltet, um Verstärkungsspitzen zu minimieren und die Auswirkungen der Eingangskapazitäten des Multiplexers zu verringern. Der Kompensationskondensator bildet zusammen mit den RON-, Rückkopplungs- und Verstärkungswiderständen eine Polstelle, die den Effekt der durch die parasitäre Kapazität verursachten Nullstelle in der Rückkopplungsschleife kompensiert. Der Wert für Cc sollte optimiert werden, um das gewünschte Verhalten bei geschlossenem Regelkreis zu erreichen. 

    Wenn zusammen mit dem Hochgeschwindigkeitsverstärker ADA4898-1 ein Rückkopplungswiderstand mit höherem Wert verwendet wird, treten aufgrund der hohen Eingangskapazität des ADA4898-1 mehr Spitzen in der Verstärkung des geschlossenen Regelkreises auf. Um diese Problematik zu vermeiden, sollten Entwickler einen Rückkopplungswiderstand mit höherem Wert und einen Rückkopplungskondensator mit höherem Wert parallel zum ADA4898-1 einsetzen. 

    Der optimierte Wert von 2,7pF für Cc wird hier gewählt, wie im Datenblatt des ADA4898-1 empfohlen (Bild 2). Ein kleinerer Wert für Cc führt zu minimalen Verstärkungsspitzen, während ein zu großer Wert die Linearität der Verstärkungskurve des geschlossenen Regelkreises beeinträchtigt.

    PGIA-Stromversorgungen
    Bild 3 zeigt die Platine, die zur Bewertung der Leistungsfähigkeit der diskret aufgebauten PGIA-Schaltung mit großer Bandbreite verwendet wurde. 

    Die Versorgung von ±15V ist erforderlich, um das PGIA-Frontend zu betreiben, welches aus zwei Hochgeschwindigkeitsverstärkern des Typs ADA4898-1 und dem Multiplexer ADG1209 besteht. Der voll differentielle Verstärker ADA4945-1 hingegen benötigt zwei Versorgungsspannung von 6 und 2V, um die optimale Leistungsfähigkeit der Signalkette zu erzielen. 

    Zur Versorgung des Evaluierungsboards ist ein Labornetzgerät erforderlich. Bild 4 zeigt das vom Entwicklungstool LTpowerPlanner empfohlene Versorgungblockschaltbid sowie die Stromaufnahme der einzelnen Bauteile der PGIA-Schaltung. 

    Leistungsfähigkeit des PGIA 

    Bandbreite
    Bild 5 zeigt die Verstärkung im geschlossenen Regelkreis in Abhängigkeit von der Frequenz für verschiedene Verstärkungseinstellungen. Erhöht man die Verstärkung des PGIA von 2 auf 128, verringert sich die Bandbreite, während das ausgangsbezogene Rauschen (RTO) zunimmt. Daher reduziert sich das Signal/Rausch-Verhältnis (SNR). 

    CMRR
    Bild 6 zeigt den Verlauf der Gleichtaktunterdrückung (CMRR) in Abhängigkeit von der Frequenz für verschiedene PGIA-Verstärkungseinstellungen. 

    Verzerrung
    Mit dem Audio Precision® Signalanalysator APX555 wurde die Verzerrungswerte des PGIA-Boards getestet. Am Ausgang des Geräts wurde eine Spannung von 8,192Vss eingestellt. Dazu wurden verschiedene Eingangsspannungen für verschiedene Verstärkungseinstellungen angelegt. Bild 7 zeigt die gesamte harmonische Verzerrung (THD) in Abhängigkeit von der Frequenz des diskreten PGIA mit großer Bandbreite. 

    Schlüsselspezifikationen
    In Tabelle 3 sind die wichtigsten PGIA-Spezifikationen wie Bandbreite, Spannungsanstiegsgeschwindigkeit, Drift und Verzerrung zusammengefasst, die am PGIA-Board (Bild 3) gemessen wurden. 

    PGIA treibt Signalketten-μModule-Lösungen 
    Aus Bild 8 ist ersichtlich, dass dem ausgewählten Multiplexer-Eingang die beiden rauscharmen Hochgeschwindigkeitsverstärker ADA4898-1 und das Widerstandsnetzwerk LT5400 nachgeschaltet sind. Das Widerstandsnetzwerk steuert den µModul-Datenerfassungsbaustein ADAQ23875 mit 15MSampls/s an. 

    Das Datenerfassungsmodul ADAQ23875 enthält einen vollständig differentiellen Verstärker. Daher sollte der FDA-Block des PGIA-Boards (Bild 3) umgangen werden. Der Audio Precision Signalanalysator APX555 diente zur Evaluierung von SNR und THD. In diesem Fall wurde die Eingangsamplitude auf etwa –0,5dBFS eingestellt. 
     

    Leistungsfähigkeit der Signalkette

    Rauschen
    Der Dynamikbereich und das eingangsbezogene Rauschen (RTI) für einen bestimmten Eingangsbereich oder eine bestimmte Verstärkungseinstellung einer vollständigen Signalkette (Bild 8) sind in Tabelle 4 zusammengefasst. 
     

    Bild 9 zeigt den Verlauf des SNR in Abhängigkeit von der Frequenz des diskret aufgebauten PGIA, welcher das Datenerfassungsmodul ADAQ23875 ansteuert. Verwendet wurden die Verstärker ADA4898-1. Die Herabsetzung des Gesamtdynamikbereichs beziehungsweise des SNR durch die Erhöhung der PGIA-Verstärkung ist dem Eigenrauschen einzelner Widerstände, Verstärker und μModule-Lösungen zuzuschreiben. 

    Die Präzision des Datenerfassungsmoduls ADAQ23878 in Verbindung mit einer hohen Abtastrate verringert das Rauschen und ermöglicht Oversampling, um einen außergewöhnlich niedrigen Effektivwert für das Rauschen und die Erfassung von Signalen mit kleiner Amplitude über eine große Bandbreite zu ermöglichen. 

    Sprich, eine Abtastrate von 15MSample/s verringert die Anforderungen an Antialiasing-Filter erheblich und maximiert die Bandbreite bei der Digitalisierung schneller Transienten und niedriger Signalpegel. Überabtastung (Oversampling) bedeutet, dass ein Signal mit einer viel höheren Frequenz abgetastet wird als das Doppelte der Signalbandbreite, die erforderlich ist, um das Nyquist-Kriterium zu erfüllen. 

    Zum Beispiel bietet das Oversampling des ADAQ23875 um den Faktor Vier ein zusätzliches Bit an Auflösung was einer Erhöhung des Dynamikbereichs um 6dB gleichkommt. Mit anderen Worten, die Verbesserung des Dynamikbereichs DR aufgrund des Oversamplings ist definiert als ΔDR = 10 × log10 (OSR) in dB. 

    Der typische Dynamikbereich des Datenerfassungsmoduls ADAQ23875 beträgt 91dB bei 15MSample/s für eine 4,096-V-Referenz, wobei die Eingänge gegen Masse kurzgeschlossen sind. Wenn mit dem Datenerfassungsmodul ADAQ23875 beispielsweise um den Faktor 256× überabgetastet wird, entspricht dies einer Signalbandbreite von 29,297kHz und einem Dynamikbereich von nahezu 111dB für die verschiedenen Verstärkungen, mit denen Signale mit Amplituden im μV-Bereich genau erfasst werden können. Zusätzliches Oversampling kann angewendet werden, um einen Kompromiss zwischen Rauschen und Bandbreite zu finden, der sich für die jeweilige Messung eignet.

    Verzerrung
    Bild 10 und Bild 11 zeigen den Verlauf der THD der Signalkette (bis 100kHz und von 100kHz bis 1MHz) in Abhängigkeit von der Frequenz, wenn das Datenerfassungsmodul ADAQ23875 mit der diskret aufgebauten PGIA-Schaltung getrieben wird. 

    Die THD verschlechtert sich sukzessive, wenn die Verstärkung des PGIA und die Frequenz des Eingangssignals erhöht werden, da sich Bandbreite und Flankensteilheit des ADA4898-1 zu verschlechtern beginnen. Bild 11 zeigt ebenfalls den Verlauf der THD für zwei Signalketten, wenn die PGIA-Schaltung das Datenerfassungsmodul ADAQ23875 ansteuert, und vergleicht diese mit einer Kombination aus LTC6373 und ADA4945-1, die den LTC2387-16 mit 15MSample/s ansteuert. 

    Integrale Nichtlinearität (INL) und differentielle Nichtlinearität (DNL)
    Wenn der PGIA das Datenerfassungsmodul ADAQ23875 treibt, ist es auch wichtig, dass die gesamte DC-Genauigkeit der Signalkette erhalten bleibt. Bild 12 und Bild 13 zeigen die typische INL- und DNL-Werte bei einer Verstärkung des PGIA von 2. Bei allen anderen Verstärkungswerten bleiben die INL und die DNL innerhalb von typischerweise ±0,5LSB. 
     

    Referenz
    Pachchigar, Maithil. “Increase Dynamic Range of SAR ADCs Using Oversampling.” Analog Devices Inc., Juni 2015.
    CN-0560: High Precision, Wide Bandwidth Current Measurement Signal Chain.” Analog Devices Inc., Juni 2022.