Eine Einführung in Schrittmotoren

Autor: Mark Patrick, Mouser Electronics

Der Schrittmotor wurde ursprünglich entwickelt, um die Fähigkeit elektronischer Systeme weiter auszubilden, auf die reale Welt einzuwirken und einen höheren Grad an Kontrolle über mechanische Systeme zu bieten. Die Schlüsselspezifikationen für die Entwicklung zielten auf einen kostengünstigen Motor mit geringen Abmessungen ab, der die präzise Bewegungssteuerung leistet, welche für Produkte wie Scanner und Drucker, Geldautomaten, Plattenlaufwerke, Bandlaufwerke, Kameras und andere kleine Elektrogeräte erforderlich ist.

Bei der Entwicklung des Schrittmotors mussten drei Herausforderungen gemeistert werden: 

  1. Für den Rotor waren kleine und starke Permanentmagnete erforderlich
  2. Leistungshalbleiterbausteine wurden benötigt, um die elektromagnetischen Spulen ein- und auszuschalten
  3. Eine intelligentere Elektronik musste entwickelt werden, um die Schalter mit dem richtigen Timing und in der gewünschten Abfolge ansteuern zu können.

Funktionsweise des Schrittmotors

Für das Verständnis der Funktionsweise eines einfachen Schrittmotors ist es hilfreich, die enge Verbindung zu seinem Vorläufer, dem bürstenlosen Gleichstrommotor (BLDC-Motor), zu verstehen. BLDC-Motoren sind rotorseitig mit Permanentmagneten ausgestattet. Die Magneten richten den Rotor zu am Umfang des Stators angeordneten Elektromagneten aus, wenn diese mit Strom versorgt werden. Der Rotor kann dann bewegt werden, indem der Stromfluss durch die Elektromagnete umgekehrt wird oder einige der Elektromagnete ein- und ausgeschaltet werden. Der Rotor dreht sich, wenn die Stromumkehrung oder die Schaltsequenz rotatorisch abläuft. Die Geschwindigkeit der Drehbewegung kann durch Ändern der Schaltfrequenz erhöht oder verringert werden.



Diese Beziehung zwischen den stationären Elektromagneten des Ständers und den Permanentmagneten des Rotors stellt auch das Grundprinzip für den Permanentmagnet-Schrittmotor dar. Neben dieser Grundversion des Schrittmotors gibt es weitere Ausführungen. Bei einer dieser Ausführungen, dem Hybridmotor, werden die Eigenschaften von Reluktanz- und Permanentmagnet-Schrittmotor kombiniert. Der Hauptunterschied zwischen dem Schrittmotor und dem BLDC-Motor besteht darin, dass die Permanentmagneten (Pole) im Rotor auf eine Anzahl zwischen 12 und 200 (Auflösung 30o bzw. 1,8o) erhöht werden. Je mehr Pole ein Schrittmotor hat, desto besser ist seine Auflösung um die Drehachse, allerdings kosten mehr Pole nicht nur mehr Geld, sondern auch Drehmoment.

Obwohl BLDC- und Schrittmotoren auf demselben grundlegenden Funktionsprinzip beruhen, sind Schrittmotoren für gewöhnlich sehr viel komplexer. Die zusätzlichen Pole des Schrittmotors bedeuten, dass der Rotor in vorhersagbaren Stufen schrittweise verfahren werden kann. Der Schrittmotor kann seine Drehstellung auch halten, solange die Elektromagnete eingeschaltet sind. Während sich der BLDC-Motor besser für durchgängige Drehbewegungen eignet, kann der Schrittmotor richtig glänzen, wenn es darum geht, zu einem präzisen Winkel zu drehen oder eine genaue Position zu halten. Der Schrittmotor ist sehr viel flexibler in der Änderung der Drehbewegung. Er kann schnell zu einem spezifischen Winkelwert drehen, anhalten, weiterdrehen oder bei Bedarf sogar die Drehrichtung ändern.

Diese Fähigkeit ermöglicht es, den Schrittmotor zusammen mit elektromechanischen Baugruppen wie einem Getriebezug einzusetzen, um eine Rotation in eine lineare Bewegung umzuwandeln. Die Kombination dieser beiden Teile stellt die Grundlage einer Maschine für die Ausführung einer Anwendung dar, wie zum Beispiel die Bewegung eines Druckkopfs.

Aufgrund der Funktionsweise des Schrittmotors sollte der Drehwinkel durch die Schaltung der Wicklungen und die daraus resultierende Winkellage des Rotors immer bekannt sein. So kann der Schrittmotor rückführungslos gesteuert werden. Während dies theoretisch funktionieren kann, gibt es in der Praxis allerdings Situationen, in denen Rotor und Antrieb nicht synchron zueinander laufen, zum Beispiel bei Problemen mit dem Triebstrang oder der Last. Deswegen wird bei Schrittmotoranwendungen der Regelkreis normalerweise mithilfe eines Sensors geschlossen, der die Istlage des Rotors erfasst. Es gibt auch einen Reset-Modus, bei dem die Last zu einer bekannten Nullstellung gefahren und das System auf Null gesetzt wird.

Die Wicklungsart bei Schrittmotoren verändert sich in Abhängigkeit zur entsprechenden Antriebs- bzw. Ansteuerungstopologie. Die zweiphasige Ausführung ist der häufigste Ansatz und es kommen im Allgemeinen zwei Arten von Wicklungen zum Einsatz – unipolare und bipolare. Jeder Ansatz hat seine Vor- und Nachteile, je nach Anforderungen, Größe, Gewicht, etc.

Der unipolar angesteuerte Schrittmotor hat pro Phase eine Wicklung mit Mittelabgriff. Um die Richtung des Magnetfelds zu ändern, wird ein Zweig der Wicklung eingeschaltet. Diese Wicklungsart erlaubt die Umkehr des magnetischen Pols, ohne die Stromrichtung zu ändern. Für diese Topologie kann schon ein einzelner günstiger Transistor für die Kommutierungsschaltung ausreichen. Bei dieser Verdrahtung sind für jede Phase drei Leiter nötig, aber die Mittelanzapfungen können zusammengelegt werden, sodass der Motor insgesamt fünf Kabel hat.

Bei einem bipolar angesteuerten Motor muss die Stromrichtung geändert werden, um die Polarität umzukehren, da es pro Phase nur einen Wicklungsstrang gibt. Dies erfordert eine sehr viel aufwendigere Steuerschaltung, normalerweise in Form einer H-Brücke. Bei dieser Konfiguration gibt es keine gemeinsam genutzten Leiter, sondern für jede Phase sind zwei Leiter erforderlich. Das Resultat sind je nach gewählter Konfiguration insgesamt sechs oder acht Leiter.

Bei einer unipolaren Anordnung wird jeweils nur eine Hälfte der Wicklungen genutzt. Dies bedeutet im Vergleich zu bipolaren Wicklungen höhere Kupferkosten und ein niedrigeres Leistung-zu-Gewicht-Verhältnis bei größeren Abmessungen. Andererseits sind bipolare Ansteuerschaltungen, wie bereits erwähnt, wesentlich aufwendiger. Heutzutage werden vorwiegend Schrittmotortreiber-ICs verwendet, was diesen Aspekt bei der Auswahl von Wicklung und Schrittmotor fast vergessen lässt.

Microstepping

Eine sehr preiswerte Methode zur Verbesserung der Schrittmotorfunktion ist das Microstepping. Die Steuerung des Microstepping kann recht komplex sein. Daher sollte eine Überwachungsfunktion vorhanden sein, um dieses Verfahren umzusetzen.

Am Anfang des Artikels haben wir erläutert, wie die einzelnen Pole des Schrittmotors schnell ein- und abgeschaltet werden könnten, was die Drehgeschwindigkeit und Position des Rotors steuert und wie der Rotor in seiner Stellung gehalten werden kann, wenn ein Pol eingeschaltet bleibt. Dieses Prinzip kann einen Schritt weiter in ein Verfahren überführt werden, das Halbschritt genannt wird. Beim Halbschritt werden benachbarte Pole teilweise angesteuert, wodurch der Rotor gezwungen wird, in der Mitte zwischen beiden Polen anzuhalten, und so die Anzahl der möglichen Schrittpositionen verdoppelt wird. Microstepping verfeinert diese Methode durch Anwendung sinusförmiger oder rampenartiger Signale für das Schalten des Stroms. Das bedeutet, dass es bei der Erregung und Entregung von Polen eine bekannte und steuerbare Überlappung gibt, die viel mehr Schrittpositionen ermöglicht.

Microstepping bietet gegenüber herkömmlichen Schrittmotoren zwei Vorteile: der Motor läuft gleichmäßiger, wodurch sich Probleme durch Rastmoment und Resonanz quasi erledigt haben, und die Schrittauflösung kann durch die Fähigkeit erhöht werden, den Rotor zwischen den Polen anzuhalten. Allerdings hat das Microstepping den Nachteil, dass sich das verfügbare Drehmoment um bis zu 30 % verringern kann.

Spezifikation eines Schrittmotorsystems

Normalerweise werden zuerst die Anforderungen an den Motor definiert, indem der potenzielle Motor auf die anzutreibende Last und die zu erwartende Beanspruchung abgestimmt wird. Von da aus arbeitet der Entwickler rückwärts, um einen Treiber zu finden, der für die Anforderungen sowohl der Anwendung als auch des Motors geeignet ist. Mechanische und elektrische Parameter stehen zwar oft im Zusammenhang, können aber durchaus einzeln betrachtet werden.

Größe, Gewicht, Befestigung und Schrittwinkel sind einige der mechanischen Faktoren, die bei der Spezifizierung von Motoren berücksichtigt werden sollten. Es gibt viele verschiedene Standardgrößen und -befestigungen, was den Designer in die Lage versetzt, Motoren anderer Anbieter als Zweitbeschaffungsquelle zu nutzen. Ein weiterer wichtiger Punkt, den es zu berücksichtigen gilt, ist die Massenträgheit des Rotors, weil sie die maximale positive und negative Beschleunigung bei voller Ansteuerung bestimmt. Beispiele für andere mechanische Eigenschaften, die bei der Auswahl des geeignetsten Motors eine Rolle spielen sollten, sind Maßtoleranzen sowie axiales und radiales Spiel im Rotor.

Das Haltemoment des Rotors und das Drehmoment-zu-Drehzahl-Verhältnis sind weitere Parameter, die Hersteller nennen. Gleichstromwiderstand und Induktanz hängen von der Auslegung der elektromagnetischen Wicklungen ab. Der Treiber verwendet diese Messgrößen, um die für die Ansteuerung erforderlichen Spannungs- und Stromwerte zu bestimmen.

Die Hersteller von Halbleiter-ICs haben die meisten Schwierigkeiten bei der Ansteuerung eines Schrittmotors bereits gelöst. Ein moderner IC kann sämtliche Funktionen darstellen, die zur Ansteuerung eines kleineren Motors erforderlich sind, und braucht die externen FETs lediglich für größere Motoren. Zu diesen Funktionen gehört die Ausbildung der Wellenform, Spulenansteuer-FETs, Schutz, Taktung/Timing und Treiber für externe FETs.

Ein Beispiel aus der echten Welt der Schrittmotortreiber-ICs in Halbleitertechnik ist der DRV8711 von Texas Instruments. Dieser bipolare Schrittmotortreiber wurde für die Steuerung eines Schrittmotors über die Ansteuerung externer MOSFETs konzipiert. Ein Host-Mikrocontroller ist mit dem DRV8711 verbunden, damit der Designer Spezifikationen wie das Profil des Treibers, MOSFET-Steuerstrom, Schrittmodus und 1/256-Mikroschritteinteiler bestimmen kann. Der IC kann die in H-Brücke konfigurierten MOSFETs ansteuern, bietet Schutz vor Überhitzung und Überströmen sowie Stillstandserkennung und Meldung bei Gegen-EMK.

Zur Unterstützung des Entwicklungsprozesses werden von fast allen Herstellern von Halbleiterbauteilen Evaluationsboards und Referenzdesigns angeboten. Mit dem Evaluierungskit LV8714TAGEVK von ON Semiconductor können Entwickler den Schrittmotortreiber LV8714TA des Unternehmens vor der Verwendung testen. Der dual ausgelegte Schrittmotortreiber kann zwei Schrittmotoren unabhängig voneinander über vier H-Brücken-Kanäle ansteuern und ist für Anwendungen wie Sicherheitskamerasysteme und Multifunktionsdrucker vorgesehen. Er überzeugt durch äußerst niedrigen Stromverbrauch im Standby und eingebauten Systemschutz. Das Evaluierungskit ist mit allem ausgestattet, was es braucht, um „out of the box“ Lösungen zu finden: PC-basierte Software, Kabel und zwei Motoren.

Die Schrittmotortreiberstufe kann vollständig umgangen und der Mikrocontroller für die Steuerung des Schrittmotors genutzt werden, der die System-MOSFETs dann direkt über die Digitalausgänge des Mikroprozessors ansteuert. Diese Strategie erfordert einen Mikrocontroller, der bereits auf Steueranwendungen hin optimiert worden ist und darüber hinaus noch über genügend Leistungsreserve für den normalen Betrieb des Mikroprozessors verfügt.

Für Designer, die diesen Weg nehmen, ist es wichtig zu wissen, woher die Steueralgorithmen kommen und wie sie getestet worden sind. Ebenso sind Motoren anfällig für Soft- und Hard-Faults. Beim Entwurf der eingebetteten Software muss diese Tatsache berücksichtigt werden. Es gibt Mikrocontroller auf dem Markt, die von Grund auf entwickelt worden sind, um die erforderliche Zuverlässigkeit zu haben, den Code für die Motoransteuerung unter allen Umständen ausführen zu können.

Bei Herstellern, die den oben Prozessoransatz bieten, gibt es ebenfalls Designsupport, zu dem neben Entwicklerboards und Softwarebibliotheken auch Beispielcode gehört. Einige Hersteller bieten sowohl eingebettete Treiber als auch Prozessoren und versetzen den Designer so in die Lage, die optimale Methode für jede einzelne Anwendung bewerten zu können.