Der Einsatz von Standards bei der Display-Vernetzung im Automobilbereich

Autor: James Goel, Vorsitzender der MIPI Technical Steering Group

Display-Systeme im Automobilbereich durchlaufen derzeit eine rasante Entwicklung aufgrund von Branchentrends und neuen technischen Möglichkeiten in den Bereichen Konnektivität, Automatisierung, gemeinsame Nutzung und Elektrifizierung. Fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme (ADAS), digitale Cockpits, Infotainmentsysteme im Fahrzeug (IVI) und autonome Fahrsysteme (ADS) sorgen für immer mehr Displays im Fahrzeug und den Bedarf an immer höheren Display-Auflösungen, Bildraten und Farb-Bit-Tiefen. Die resultierenden Multigigabit-Netto-Datendurchsätze, die für die Verbindung all dieser Displays erforderlich sind, stellen ein bedeutendes Designproblem für zukünftige Fahrzeuge dar und erfordern die Entwicklung innovativer elektrischer und elektronischer (E/E) Architekturen, die die neuesten Displaytechnologien nutzen.

Diese fortschrittlichen Anzeigesysteme müssen zudem die Anforderungen der Automobilindustrie an Zuverlässigkeit, Leistung, Gewicht und elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) erfüllen. Die Verwendung von Industriestandards für Displays hat ähnliche Herausforderungen in Branchen wie z. B. für Mobiltelefone gelöst. Dieser Beitrag erläutert, warum das Verfolgen eines standardbasierten Ansatzes auch eine Basis für die Lösung der Herausforderung der Display-Konnektivität im Automobil darstellt.



    Die 5 wichtigsten technischen Überlegungen zur Anbindung von Displays im Automobil

    Die Herausforderung der Konnektivität von Displays im Automobil wirft fünf technische Grundsatzüberlegungen auf, die bei der Entwicklung von E/E-Architekturen berücksichtigt werden müssen:

    1. Bandbreite und Latenzzeit: Um die steigende Nachfrage nach ADAS und ADS zu unterstützen, werden immer mehr Displays in Fahrzeuge integriert. Sie ersetzen traditionelle analoge Kombiinstrumente, Spiegel und mechanische Tasten und fügen neue Displays hinzu, um IVI-Dienste zu unterstützen und eine digitale Fahrzeuganpassung zu ermöglichen. Die steigende Anzahl von Displays in Kombination mit immer höheren Displayauflösungen, Bildraten und Farbbittiefen erfordert Verbindungen mit mehreren Gigabit pro Sekunde und extrem niedrigen Latenzzeiten. Es wird erwartet, dass der gesamte Nettodatendurchsatz, der für die Verbindung von Displays erforderlich ist, mit jeder neuen Fahrzeuggeneration deutlich steigt.
    2. Immunität gegen elektromagnetische Störungen (EMI): Die anspruchsvolle Umgebung im Fahrzeug stellt eine große Herausforderung die Kommunikationstechnologie im Multigigabit-Bereich dar, die mit deutlich höheren Symbolraten und viel höheren Frequenzbereichen arbeiten müssen. Um einen sicheren und stabilen Betrieb von Datenverbindungen mit hohem Durchsatz über die gesamte Lebensdauer des Fahrzeugs zu gewährleisten, müssen Kommunikationsverbindungen eine extrem hohe Immunität gegenüber EMI-Effekten erreichen. Dazu werden Rauschunterdrückungs- und Fehlerkorrekturmechanismen implementiert, die den negativen Auswirkungen von EMI im Fahrzeug entgegenwirken.
    3. Komplexität des Kabelbaums: Der Kabelbaum ist derzeit eine der schwersten und teuersten Komponenten innerhalb eines Fahrzeugs. Konnektivitätslösungen für Displays im Fahrzeug müssen, wo immer möglich, die Komplexität des Kabelbaums minimieren, die Kabelabschirmung und die Anzahl der Leiter auf ein Minimum reduzieren, um Kosten und Gewicht zu sparen, und die Verwendung von Inline-Steckern ermöglichen, um eine einfache Installation in der Produktionslinie zu ermöglichen. Verbindungslösungen müssen auch Schutz vor einer möglichen Degradation des Kabelbaums aufgrund von Alterung und Biegung der Kabel bieten.
    4. Voraussetzung für funktionale Sicherheit: ADAS- und ADS-Anwendungen müssen die Anforderungen des Automotive Safety Integrity Level (ASIL) erfüllen, von ASIL B bis ASIL D, wie in ISO 26262 definiert. Funktionen, die funktionale Sicherheit innerhalb von Display-Konnektivitätslösungen ermöglichen, um Paketverluste, eingefrorene Verbindungen und Kommunikationsverluste zu erkennen, sind unerlässlich, um diese strengen Anforderungen zu erfüllen.
    5. Entwicklungsaufwand: Die Integration fortschrittlicher Displays in Fahrzeugen kann den Einsatz vieler verschiedener Software- und Hardwarekomponenten erfordern, die von vielen verschiedenen Anbietern bezogen werden. Die Entwicklung individueller Connectivity-Lösungen im eigenen Haus oder mit einer begrenzten Anzahl von Zulieferern kann den Entwicklungsaufwand und die Komponentenkosten erheblich erhöhen und die gesamte Kostenlast, einschließlich Entwicklung, Test und Validierung, auf einen einzigen Automobilhersteller konzentrieren.

    Vorteile eines standardisierten Frameworks für die Display-Konnektivität im Automobil

    Im Gegensatz zu Einzelspezifikationen, die nur eine Komponente einer Displaylösung abdecken (z. B. nur die physikalische Schicht), umfasst eine standardisierte Rahmenlösung die physikalische und die Protokollschicht sowie Schlüsselfunktionen wie die Komprimierung von Display-Datenströmen und funktionale Sicherheitsmerkmale, wodurch eine vollständig integrierte Lösung für die Automobilindustrie entsteht. Ein Display-Framework wie die MIPI Automotive SerDes Solutions (MASS) bietet eine komplette Konnektivitätslösung für Fahrzeuge und enthält eine ganze Reihe von Industriespezifikationen:

    • MIPI A-PHY: Eine schnelle, mit geringer Latenz (< 6μs) und großer Reichweite (bis zu 15m) arbeitende asymmetrische Serializer/Deserializer (SerDes) Physical-Layer-Schnittstelle.
    • MIPI Protocol Adaptation Layers (PALs): Spezifikationen, die es Display-Komponenten, die auf den Protokollen MIPI Display Serial Interface 2 (MIPI DSI-2) und VESA Embedded DisplayPort und DisplayPort (VESA eDP/DP) basieren, ermöglichen, ihre Video-, Audio- und Steuerdaten auf das A-PHY-Format für die Übertragung über A-PHY-Netzwerke mit großer Reichweite abzubilden.
    • MIPI DSI-2 and VESA eDP/DP: Branchenweit führende Display-Protokolle, die eine weitreichende Source-to-Sink-Verbindung zwischen Displays im Automobil und den zugehörigen elektronischen Steuergeräten ermöglichen.
    • MIPI Display Service Erweiterungen (MIPI DSE): Eine neue Spezifikation, die funktionale Sicherheitseigenschaften (Enabler) standardisiert, damit Display-Lösungen die Anforderungen der ISO 26262 von ASIL B bis ASIL D erfüllen können.
    • MIPI Display Command Set (MIPI DCS): Ein standardisierter Befehlssatz für Steuerfunktionen und die Versorgung von Displays mit Daten über MIPI DSI-2.
    • VESA Display Stream Compression (DSC) und VESA Display Compression-M (VDC-M): In DSI-2 integrierte Kodierungen, die eine garantierte niedrige Latenz aufweisen und verlustfrei für Bilder und Videos arbeiten (DSC mit einer Kompression von 8 Bit pro Pixel und VDC-M mit einer Kompression von 5-6 Bit pro Pixel).

    Schlussbetrachtung

    Die Verwendung von Industriestandards wie MASS löst die wichtigsten Herausforderungen bei der Konnektivität von Displays in der Automobilindustrie, fördert die Interoperabilität zwischen den Lösungen verschiedener Hersteller und nutzt Skaleneffekte, indem die Entwicklungskosten über eine größere Anzahl von Komponenten auf die komplette Branche verteilt werden. Am wichtigsten für die Automobilhersteller ist, dass durch die Verwendung von Standards die Last der Entwicklung (oder Auswahl) einer proprietären Schnittstelle für die nächsten E/E-Architekturen entfällt, wodurch sich die Automobilhersteller auf höherwertige, produktdifferenzierende Technologien konzentrieren können, die weiter oben im Protokollstapel sitzen.

    Weitere Informationen über das MIPI Automotive SerDes Solutions Display Framework.