Den richtigen Beschleunigungssensor für vorausschauende Wartung wählen

Autor: Bertrand Campagnie, Analog Devices

Die Ausgaben für die Wartung von Maschinen und Anlagen, ob präventiv oder korrektiv, machen in der Regel einen erheblichen Teil der gesamten Produktionskosten aus. Bei Geräten und Anlagenteilen, die über das industrielle Internet der Dinge (IIoT) vernetzt sind, lässt sich deren Gesundheitszustand kontinuierlich überwachen und eine vorausschauende Wartung durchführen. Dadurch können Unternehmen Maschinenausfälle vermeiden und betriebliche Einsparungen erzielen. 

Das Konzept der Industrie 4.0, ermöglicht durch die Digitalisierung der Produktion und die Vernetzung von Industrieanlagen, befindet sich auf dem Weg, die Produktionswerkzeuge zu revolutionieren. Als bahnbrechende Entwicklung macht Industrie 4.0 die Produktionskette flexibler und ermöglicht die Herstellung maßgeschneiderter Produkte bei gleichbleibendem Gewinn. 

Auch bei der Wartung von Maschinen und Anlagen können Unternehmen von den Vorteilen durch die Digitalisierung und Vernetzung von Geräten und Anlagenteilen über das IIoT profitieren. 

Statt Verschleißteile in festgelegten Intervallen auszutauschen, lässt sich der Betriebszustand einer Maschine mit Sensoren - insbesondere Beschleunigungssensoren – analysieren. Bei der vorausschauenden Wartung muss der Betreiber selbst nur eingreifen, wenn bestimmte Frühwarnsymptome auftreten. 

Diese als Zustandsüberwachung (CbM, Condition-based Monitoring) bezeichnete Analyse des Gesundheitszustands einer Maschine begrenzt die Wartungskosten gegenüber einem systematischen Wartungssystem auf Basis fester, oft recht konservativer Zeitpläne. Zusätzlich zu den Vorteilen aufgrund von weniger strikten Wartungsmaßnahmen, ermöglicht die frühzeitige Erkennung von Problemen geplante Maschinenstillstände, was stets besser ist als ein unerwarteter Stillstand der Produktionslinie. 

Vibrationsanalyse: Die Bedeutung des Sensors
Um den richtigen Zeitpunkt für eine Wartungsmaßnahme zu ermitteln, nutzt der Produktionsbetrieb Parameter wie Vibrations-, Geräusch- und Temperaturmessungen. Unter den messbaren physikalischen Größen liefert die Messung des Vibrationsspektrums die meisten Informationen über den Ursprung eines Problems einer rotierenden Maschine. 

Eine anormale Vibration kann ein Anzeichen für ein defektes Kugellager, eine falsch ausgerichtete Achse, eine Unwucht, übermäßiges Spiel und vieles mehr sein. Jedes dieser Probleme äußert sich durch ein spezifisches Symptom, wie beispielsweise Vibrationsquellen in rotierenden Maschinen. 

Vibrationen mit Beschleunigungssensoren messen
Für Vibrationsmessungen kommen Beschleunigungssensoren zum Einsatz, die in der Nähe des zu überwachenden Maschinenelements befestigt sind. Als vorteilhafte Alternative zu piezoelektrischen Beschleunigungssensoren können Anlagenbetreiber MEMS-Sensoren verwenden, die neben einem besseren Ansprechverhalten bei niedrigen Frequenzen auch besonders kleine Abmessungen aufweisen. 

Bei einem fehlerhaften Kugellager entsteht jedes Mal, wenn eine Kugel mit einem Riss oder einem Defekt des Innen- oder Außenrings in Berührung kommt, ein Stoß, der eine Vibration oder sogar eine leichte Verschiebung der Rotationsachse verursacht. Die Häufigkeit der Stöße hängt von der Drehzahl sowie der Anzahl und dem Durchmesser der Kugeln ab. 

Doch das ist noch nicht alles! Sobald ein Defekt auftritt, erzeugen Stöße ein manchmal sogar hörbares Geräusch - die Schockwelle. Das Geräusch manifestiert sich durch das Auftreten von Spektralkomponenten mit niedriger Amplitude und relativ hoher Frequenzen, die oft größer als 5kHz sind und stets weit über der Grunddrehfrequenz liegen. 

Nur rauscharme Beschleunigungssensoren mit hoher Bandbreite, wie beispielsweise der ADXL100x von Analog Devices, können die Spektrallinien messen, welche mit den ersten Anzeichen eines Schadens oder Ausfalls verbunden sind. Solche Beschleunigungssensoren liefern auch dann wertvolle Informationen, wenn langsamere oder mit stärkerem Rauschen behaftete Produkte nichts messen. Verschlimmert sich der Schaden, steigt die Amplitude der niederfrequenten Komponenten. 

In einem fortgeschrittenen Fehlerstadium lässt sich die Vibrationsstärke mit einem Beschleunigungssensor der Einstiegsklasse erfassen. Doch der Ausfall steht zu diesem Zeitpunkt unmittelbar bevor, so dass dem Wartungsteam nur noch wenig Zeit bleibt, zu reagieren. Um nicht überrascht zu werden, ist es wichtig, die ersten Anzeichen einer Anomalie mit einem rauscharmen und breitbandigen Beschleunigungssensor zu erkennen. 
 



Neben den Beschleunigungssensoren der Serie ADXL100x (ADXL1001, ADXL1002, ADXL1003, ADXL1004 und ADXL1005) bietet Analog Devices eine Reihe anderer Beschleunigungssensoren an, mit denen sich Maschinenzustände analysieren lassen. 

Für Überwachungen über begrenzte Bandbreitenbereiche zeichnen sich die Mitglieder der Serie ADXL35x (ADXL354, ADXL355, ADXL356 und ADXL357) durch ein geringes Rauschen (bis 20μg/√Hz und eine Bandbreite von 1500Hz) aus. Im Gegensatz zur Serie ADXL100x mit Analogausgang, umfasst die Familie ADXL35x Mitglieder mit Digitalausgang, was die Anbindung an Mikrocontroller vereinfacht. 

Einstiegsprodukte für Konsumgüter wie die Mitglieder der Serie ADXL34x (ADXL343, ADXL344, ADXL345 und ADXL346) oder die extrem stromsparenden Familie ADXL36x (ADXL362 und ADXL363) verfügen nicht wirklich über eine ausreichend hohe Bandbreite oder ein ausreichend geringes Rauschen, um die Anforderungen an eine qualitativ hochwertige vorausschauende Wartung zu erfüllen. Die Einstiegsprodukte limitieren nicht nur die Diagnosemöglichkeiten vorhandener Geräte, sondern begrenzen auch die Nutzbarkeit der Daten für die Entwicklung künftiger Diagnoselösungen. 

Allerdings eignen sich die Einstiegsprodukte gut für die Messung der Maschinenaktivität, beispielsweise um Betriebsstunden zu erfassen und gegebenenfalls eine zwar nicht vorausschauende, aber eine vorbeugende Wartung einzuleiten. Dank ihrer geringen Leistungsaufnahme lassen sich diese Beschleunigungssensoren mit Energy Harvestern kombinieren oder mit Batterien betreiben. 

Besteht die gewünschte Maschinenüberwachung nur aus der Messung von plötzlichen Stößen, sind die Mitglieder der Serie ADXL37x (ADXL372, ADXL375 und ADXL377) die perfekte Wahl. Da man davon ausgehen kann, dass ein mechanischer Stoß die Genauigkeit oder den Betrieb des Geräts beeinträchtigt hat, ist es beispielsweise möglich, eine korrektive Instandhaltungsmaßnahme auszulösen, um eventuell aufgetretene Fehler zu beheben. 

Von Bauteilen zu kompletten Modulen
Wie bereits erwähnt, zeichnen sich die Mitglieder der Serie ADXL100x durch eine große Bandbreite und ein niedriges Rauschen aus. Allerdings sind die Vertreter dieser Familie einachsig und erfordern eine entsprechende Verarbeitungselektronik. Um die Entwicklung zu vereinfachen, bietet Analog Devices mit dem Modell ADcmXL3021 eine sofort einsatzbereite Lösung für dreiachsige Messungen an. 

Das Bauteil wird mit 3,3V versorgt und enthält drei Messketten auf Basis des ADXL1002 sowie einen Temperatursensor, einen Prozessor und ein FIFO. Das Ganze befindet sich in einem 23,7mm × 26,7mm × 12mm großen Aluminiumgehäuse, welches sofort an einer rotierenden Maschine installiert werden kann. 

Das Modul zeichnet sich durch einen Messbereich von ±50g, ein extrem niedriges Rauschen von nur 25μg/√Hz und eine Bandbreite von 10kHz aus. Aufgrund dieser Daten lassen sich Vibrationssignaturen in einer großen Anzahl von Anwendungen erfassen. 

Ein Signalverarbeitungsblock umfasst nicht nur einen konfigurierbaren FIR-Filter mit 32 Koeffizienten, sondern auch eine FFT-Funktion mit 2.048 Punkten pro Achse, um eine Spektralanalyse der Vibration zu erstellen. Jede berechnete Frequenzkomponente des Spektrums wird mit den konfigurierbaren Alarmgrenzwerten (sechs pro Achse) verglichen. 

Überschreiten die Spektralkomponenten eine bestimmte Intensität, erfolgt ein Alarm. Das Sensorsystem ADcmXL3021 kann mit einem Host-Prozessor über einen SPI-Anschluss zusammenarbeiten, welcher den Zugriff auf interne Register sowie auf eine Reihe von anwenderkonfigurierbaren Funktionen ermöglicht. Darunter mathematische Funktionen wie die Berechnung des Mittelwerts, der Standardabweichung, des Maximalwerts, des Scheitelfaktors (Crest-Faktor) und der Kurtosis (kinetisches Moment vierter Ordnung, mit dem sich die Vibrationschärfe messen lässt). 
 

SmartMesh: Ein Netzwerk für das IIoT, optimiert für vorausschauende Wartung
Ein drahtloses Netzwerk eignet sich besonders gut, um Wartungsdaten von einem Vibrationssensor zu sammeln. Das Netzwerk muss nicht besonders schnell, aber robust genug für den Einsatz in industriellen Umgebungen, die oft mit Störungen behaftet sind und Metallstrukturen enthalten, die für gute Funkübertragungen ungeeignet sind. Auch muss das Netzwerk in der Lage sein, Daten von einer großen Anzahl von Sensoren aufzunehmen, die sich nicht unbedingt in der Nähe des Datenloggers befinden. 

Erfüllen lassen sich die genannten Anforderungen mit dem industrietauglichen Mesh-Netzwerk SmartMesh® IP von Analog Devices. Das IP-Netzwerk ist robust gegenüber Störungen und verbraucht nur wenig Energie. Der geringe Energieverbrauch ist vor allem wichtig für Wartungsmodule, die durch Energy Harvesting betrieben oder mit einer Lithiumbatterie versorgt werden, die fünf oder zehn Jahre lang ohne Austausch funktionieren muss. 

Das SmartMesh IP-Netzwerk basiert auf dem Standard 6LoWPAN (IEEE 802.15.4e) und ist auf das IIoT optimiert. Desweiteren nutzt das Netzwerk ein proprietäres Protokoll auf Basis einer 2,4-GHz-Übertragung. Die Lösung besteht aus Transceivern des Typs LTC5800 oder vorzertifizierten Modulen des Typs LTP590x, die sich sehr einfach implementieren lassen. 
 

Es gibt verschiedene Techniken, mit denen sich eine Übertragungszuverlässigkeit von mehr als 99,999% erzielen lässt. Darunter Synchronisierung, Kanalsprungverfahren (Channel Hopping) und Zeitstempelung (Time Stamping) sowie die dynamische Rekonfiguration des Mesh-Netzwerks, damit nur die HF-Pfade mit dem stärksten Signal genutzt werden. 

Warum nicht die Hilfe von künstlicher Intelligenz in Anspruch nehmen? 
Es gibt eine Reihe von Verfahren zur Vibrationsanalyse. Neben der digitalen Filterung, mit der sich durch den Prozess selbst oder durch andere Maschinenkomponenten verursachte parasitäre Vibrationen eliminieren lassen, ist es üblich, mathematische Verfahren zu nutzen, wie sie im ADcmXL3021 enthalten sind (zum Beispiel Berechnung von Mittelwert, Standardabweichung, Scheitelfaktor und Kurtosis). 

Die Analyse kann zwar im Zeitbereich erfolgen, doch liefert die Frequenzanalyse die meisten Informationen über eine Anomalie und deren Ursprung. Als Analogon zum Frequenzspektrum kann man auf die Berechnung des Cepstrum zurückgreifen, das sich manchmal im Spektrum des Signalspektrums befindet (inverse Fourier-Transformation, angewandt auf den Logarithmus der Fourier-Transformation des Signals). Unabhängig von der jeweiligen Analysemethode besteht die Schwierigkeit darin, die optimale Alarmschwelle festzulegen, damit Wartungsmaßnahmen weder zu früh noch zu spät erfolgt. 

Eine Alternative zur herkömmlichen Festsetzung von Alarmgrenzwerten besteht darin, künstliche Intelligenz in den Prozess der Fehlererkennung einzubringen. In der Machine-Learning-Phase werden Cloud-Ressourcen genutzt, um auf der Grundlage der Daten aus dem Vibrationssensor repräsentative Modelle der Maschine zu erstellen. Sobald die Modelle erstellt sind, können sie in einen lokalen Prozessor heruntergeladen werden. Mit Embedded Software lassen sich laufende sowie vorübergehende Ereignisse in Echtzeit identifizieren und Anomalien erkennen. 
 

Vibrationsquellen in rotierenden Maschinen
Ein häufiges Problem in einer rotierenden Maschine sind Defekte an Kugellagern. Durch die Spektralanalyse der Daten eines Beschleunigungssensors, der in der Nähe des Lagers angebracht ist, lassen sich zahlreiche charakteristische Linien, Amplituden und Frequenzen aufnehmen, die von der Drehzahl und der Fehlerquelle abhängig sind. 

Charakteristische Frequenzen des Systems sind: 

⦁    Drehfrequenz des Lagerkäfigs: 

⦁    Frequenz im Zusammenhang mit einem Defekt am Außenring  

⦁    Frequenzen im Zusammenhang mit einem Defekt am Innenring (Achse): 

⦁    Über diese Frequenzmerkmale hinaus erzeugt die Stoßwelle, die entsteht, wenn eine Kugel über einen Defekt (Riss, Abplatzung usw.) hinwegrollt, eine Vibration mit hoher Frequenz (>5kHz), die manchmal sogar hörbar ist. 

⦁    N: Anzahl der Kugeln
⦁    Φ: Berührungswinkel
⦁    faxle: Drehfrequenz der Achse
⦁    d: Kugeldurchmesser
⦁    D: Durchschnittlicher Lagerdurchmesser 

Auf dem Weg zu neuen Dienstleistungen
Neben der Erstellung von Modellen für die vorausschauende Wartung eröffnen künstliche Intelligenz und Cloud-Zugang zahlreiche neue Möglichkeiten. Setzt man die Vibrationsmessungen mit den Daten aus anderen Sensoren (beispielsweise Druck, Temperatur, Rotation und Leistung) in Beziehung, lassen sich viele Informationen über den Systemzustand ableiten, die weit über den Bedarf für die Wartung hinausgehen. Die Zusammenführung von Basisdaten ermöglicht eine Verfeinerung der Anlagenmodelle, um nicht nur mechanische Ausfälle, sondern auch Prozessprobleme erkennen zu können (beispielsweise ein leeres Förderband, eine Pumpe ohne Flüssigkeit oder ein Mischer ohne Paste). 

Man kann daher eine Vielzahl von Dienstleistungen erwägen, die Anlagenhersteller ihren Endkunden anbieten können, indem sie die Lieferung von Anlagen mit der Wartung und der statistischen Analyse der Leistung und eventueller Probleme einer Produktionslinie kombinieren. Ausgestattet mit einem Sensormodul wird der einfache Elektromotor zu einem wichtigen Akteur im Big-Data-Konzept.